: Jeder soll die Grünen verstehen
■ Entschlossen, zukunftsorientiert und pädagogisch wertvoll wollen sie ihr Wahlprogramm vermitteln. Versprochen ist versprochen
Magdeburg (taz) – Hans-Jochen Tschiche, bündnisgrüner Fraktionschef im sachsen-anhaltischen Landtag freute sich. „Magdeburg ist heute die Welthauptstadt der Grünen.“ Seine Amtskollegen aus den Landtagen und dem Bundestag und auch Vertreter des Europaparlaments waren gekommen, um Wahlkampfhilfe für den 26. April zu geben.
In einer „Magdeburger Erklärung“ formulierten sie neun Punkte für eine „entschlossene, zukunftsorientierte Reformpolitik“, mit ökologischer Steuerreform und Einkommenssteuerkonzept der Bonner Fraktion im Mittelpunkt. Die Grünen fordern eine Fortsetzung der Bundeszuweisungen an die Ost-Länder, ein langfristiges Förderungskonzept und die Beibehaltung des Solidaritätszuschlages. „Der Abbau von mehreren 100.000 ABM-Stellen durch die Koalition in den letzten Jahren war ein schwerer Fehler“, heißt es. Alles nicht neu.
Tschiche sagte, er gehe davon aus, daß die rot-grüne Minderheitsregierung Ende des Monats eine Mehrheit bekomme. Von der SPD unter Reinhard Höppner wünsche er sich, „Solidarität“ mit den Grünen. Was er damit meint, – vielleicht eine Leihstimmenkampagne – darauf wollte sich Tschiche nicht festlegen. Er sagte: „Wenn wir nicht mehr im Landtag sind, geht die Ära Höppner zu Ende.“
Joschka Fischer betonte, Anlaß der Zusammenkunft der grünen Parlamentsfunktionäre sei die Unterstützung von Sachsen-Anhalts Grünen im bundespolitisch wichtigen Wahlkampf. Das Treffen sei schon lange geplant gewesen. Seine Kollegin Kerstin Müller freute sich, von der Konferenz in Magdeburg gehe ein Signal der Geschlossenheit aus. Man habe nach vorn gewandt die Lage erörtert, mit Blick auf den Machtwechsel in Bonn müsse man „jetzt kämpfen, kämpfen, kämpfen“. Die Einigkeit war offenbar wirklich groß: Eine Stunde früher als geplant beendeten die Grünen ihre Konferenz.
Zunehmend ungehalten beantworten Fischer und Müller auch Fragen nach dem Fünf-Mark-Debakel der Partei. Fischer sagte, sein Eindruck nach einigen Auftritten in Sachsen-Anhalt sei: „In den letzten Tagen dreht sich etwas. Wir haben alle Chancen, daß sich in der Osterpause die Debatte um die fünf Mark vernünftigt.“ Ausführlich erklärte er, es gebe, um die Lohnnebenkosten wirksam zu senken, keine Alternative zur ökologischen Steuerreform. Abermals räumte Fischer Fehler bei der Vermittlung ein. Aber: „Es geht nicht um Revision des Beschlusses, sondern um Kommunikation.“ Am 5. und 6. Juni werde es dazu einen vorgezogenen Länderrat geben.
Mit Helmut Kohl unter dem Arm verließ Fischer dann Magdeburg. Die 700seitige Kanzlerbiographie von Klaus Dreher wollte er am Abend in Bonn präsentieren – und auf dem Weg dorthin noch ein bißchen drin lesen. Toralf Staud
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