: Türke nach Überfall schwer verletzt
■ Augenzeugen in Treptow sprechen von rechtsradikalen Angreifern
Im Bezirk Treptow gab es erneut einen rechtsradikalen Vorfall. Am Dienstag abend wurde am Sterndamm in Adlershof gegen 20.45 Uhr ein türkischer Imbiß von Rechtsradikalen überfallen. Der einzige anwesende Gast, ein 27jähriger Türke, wurde mit einem Messer niedergestochen. Er mußte im Krankenhaus sofort notoperiert werden. Dabei wurde festgestellt, daß der Stich tief in die linke Brusthälfte eindrang und nur durch Zufall keine lebenswichtigen Organe verletzt wurden, so daß der Zustand des Verletzten mittlerweile stabil ist. Er liegt aber weiterhin auf der Intensivstation.
Nach Angaben der Betreiber des Imbisses und einer Anwohnerin fuhren zur Tatzeit etwa 15 bis 20 rechtsradikale junge Männer in einer offensichtlich abgesprochenen Aktion vor. Sie hätten umgehend damit begonnen, mit Baseballschlägern die Scheiben des Imbißfahrzeugs zu zerstören. Mehrere Zeugen bemerkten den Überfall, griffen aber nicht ein. Eine Nachbarin alarmierte schließlich die Polizei.
Als Motiv für den Überfall vermutete der Betreiber des Imbisses eine Racheaktion. Vier von den mutmaßlichen Tätern waren bereits am Nachmittag vor dem Imbiß wegen ihres aggressiven Verhaltens aufgefallen. Der Imbißbetreiber hatte sie daraufhin zur Rede gestellt. In den drei Jahren zuvor, in denen es den Imbiß an diesem Ort gab, hatte es dagegen noch nie Probleme mit Fremdenfeindlichkeit gegeben.
Bei der Pressestelle der Polizei wurden gestern der Angriff und die Aussagen der Betreiber bestätigt. Die Polizei wollte aber aus dem äußeren Erscheinungsbild der Angreifer – Bomberjacken und Glatzen – keine politische Gesinnung herauslesen und sieht zunächst kein fremdenfeindliches Motiv. Auch sprach die Polizei nur von der „Mindestzahl von fünf Angreifern“. Da der Schwerverletzte auf der Intensivstation bei seiner Vernehmung den Messerstecher nicht genau beschreiben konnte, ermittelt die Polizei nun in alle Richtungen, ausdrücklich auch zu einer „Messerstecherei unter Ausländern“.
Der Bezirk Treptow gilt als eine der Hochburgen der Berliner Rechtsextremen. Bereits 1994 sollte in unmittelbarer Nähe des Überfalls vom Montag abend eine Demonstration der inzwischen verbotenen neonazistischen FAP stattfinden. Eine rechtsradikale „Kameradschaft Treptow“ macht durch massive Straftaten ihrer Mitglieder, von denen vier mittlerweile im Gefängnis sitzen, von sich reden. Zwei Männer, darunter der selbsternannte Führer der Kameradschaft, Detlef Nolde, erstachen in einem Streit zwei andere Neonazis. Zwei weitere Mitglieder bastelten Rohrbomben und unternahmen bereits Sprengversuche – das erste Opfer sollte ein junges PDS- Mitglied aus Treptow werden. Benni Trottke
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