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Mit dem Tod endet auch das Überhangmandat

■ Das Bundesverfassungsgericht korrigiert das bundesdeutsche Wahlrecht: Nach dem Tod eines Abgeordneten darf sein Überhangmandat künftig nicht mehr automatisch ersetzt werden

Freiburg (taz) – Das deutsche Wahlrecht ist so kompliziert, daß es nicht einmal der Bundestag begreift. Dies stellte das Bundesverfassungsgericht in einem gestern bekannt gemachten Beschluß fest. Entgegen der bisherigen Praxis führt der Tod eines Abgeordneten nicht immer dazu, daß ein Nachrücker von der Landesliste das Mandat übernehmen kann.

Ausgelöst wurde die Entscheidung vom Fall des südbadischen CDU-Abgeordnete Rainer Haungs. Jener hatte 1994 bei der Bundestagswahl im Wahlkreis Emmendingen/Lahr das Direktmandat errungen, starb aber schon 1996. Für ihn rückte von der CDU- Landesliste Franz-Xaver Romer nach. So war man schon immer verfahren, doch erhob erstmals ein Bürger dagegen Verfassungsbeschwerde. Sein Einwand: In Baden-Württemberg hatte die CDU zwei Direktmandate mehr errungen, als ihr nach ihrem Zweitstimmenergebnis Sitze zustanden. Wenn nun ein baden-württembergischer Abgeordneter sterbe, so könne auch ein „Überhangmandat“ wegfallen, weil dies ohnehin das Wahlergebnis verfälschte.

Dies leuchtete auch dem Zweiten Senat des Verfassungsgerichts ein. Er entschied: Wenn eine Partei Überhangmandate erzielt hat, darf die Nachrückregelung beim „Wegfall“ eines Abgeordneten nicht angewandt werden. Muß nun die halbe Legislaturperiode wiederholt werden? Nein, Karlsruhe war gnädig mit der CDU und dem Abgeordneten Romer. Weil die falsche Praxis schon seit mehr als 40 Jahren gang und gäbe ist, könne sie bis zur nächsten Wahl noch hingenommen werden. Bis dahin muß der Bundestag entscheiden, wie er mit solchen Fällen künftig umgehen will.Az.: 2 BvC 28/96

Christian Rath

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