piwik no script img

Rettet unseren Osterhasen!

■ Zu Ostern landete der Feldhase auf der Roten Liste. Eine Schande: Wir würden den Frühlingstanz des kleinen, saugroben Kerls vermissen

Ach du dickes Ei! Nun hat er es pünktlich zu Ostern geschafft, der Osterhase, der eigentlich Feldhase (Lepus europaeus) heißt. Er steht mal wieder auf der Roten Liste für bedrohte Arten. Erinnert sich noch einer an das Hasensterben? Das war in den Achtzigern eine der diversen Umweltkatastrophen, neben Algenpest, Seehundsterben und so weiter. Heutzutage ist sowieso immer El Niño schuld. Damals war es wohl eine besonders stickstoffhaltige Rapssorte, die Meister Lampe auf den Magen schlug.

Dabei hatte es sich für das Tier entwicklungsgeschichtlich einst so gut angelassen. Weltweit breitete der Hase sich aus seit dem Paleozän, vertrug arktische Kälte und tropische Wärme, paßte sich an, besiedelte Wüsten und besonders gerne Grasland mit lichten Wäldern. Europa nahm er im Sturm, als die Menschen begannen, die Landschaft hasengerecht einzurichten und jene Feldfrüchte anzubauen, die ihm nun gar nicht mehr bekommen wollen. Die germanische Frühlingsgöttin Ostera mochte ihn gern, den vermehrungsfreudigen kleinen, saugroben Kerl, der sich zwecks Fortpflanzung trefflich prügeln kann und seiner Häsin zuvor kräftige Ohrfeigen verpaßt. Hasenpfoten bringen eben Glück. Und daß das Frühjahr die Menschen verrückt macht wie die Märzhasen, das ist ja auch wahr. Deshalb nannten sie früher einen Schalk auch aller Hasen Großvater. Erst das Christentum degradierte den Mümmelmann zum Dienstleister in Sachen Eierlieferung. Jäger schossen ihn millionenfach, zogen ihm das Fell über die Löffel, legten ihn in Buttermilch und brieten ihn im Pfeffer. Sie kannten seine Schliche und Haken. Hasen ist es angeboren, ihre Lager im Feld, die Sassen heißen, nicht direkt anzusteuern, sondern hasenfüßig auf Umwegen zu gehen.

Seine wahre Natur allerdings war bis in dieses Jahrhundert unbekannt. Der Hase ist, ebenso wie seine Vettern, die Kuscheltiere Kaninchen, kein Nager und nicht verwandt mit Meerschwein, Ratte und Maus, die den Menschen biologisch viel näher stehen.

Nun sind also nicht viele Hunde, sondern kaltes, feuchtes Wetter und Flurbereinigung des Hasen Tod. „Es ist ein Häslein, es findt sein Gräslein“, heißt ein Hasentrost. Sein Futter verdaut er gleich zweimal. Er scheidet seine Pflanzenkost in zweierlei Form aus. Die weiche Variante des ostereierrunden Kotes frißt er noch einmal.

Und so huldigen wir dem bedrohten Geschöpf als Osterhasen. Auch wenn er am anderen Ende der Welt in Ungnade fällt. Viele Australier möchten lieber ihr eigenes Lieblingstier feiern und erklärten deshalb kurzerhand den Beuteldachs zum neuen Osterhasen. Und auch Neuseelands Regierungschef hätte lieber den geliebten Kiwi als neues Osterfedervieh. Heide Platen Siehe Seite 24

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen