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Beim Ostermarsch sind nur Esel für die Nato

Allösterlich spazieren sie durch die Republik – auch an diesem Wochenende sind die Friedensdemonstranten unterwegs. Früher trug man Anzug und kam massenhaft, heute kommen wenige, aber legerer  ■ Von Sibylle Plogstedt

Es ostert wieder. Und das heißt, es wird demonstriert – wie seit über 40 Jahren. Auf den Transparenten und Bannern werden von Leipzig bis Eisenach, von Chemnitz bis zum hessischen Bruchköbel Forderungen nach einem politischen Wechsel, für Abrüstung und gegen Produktion neuer Waffensysteme zu lesen sein. Fast jeder von uns 68ern, die wir heute die taz produzieren, ist auf einer dieser Demonstrationen gewesen.

Der Drehbuchautor Detlef Michel meint, das sei lange her. Aber 1964, kurz vor dem Abitur, sei das richtig aufregend gewesen. Damals seien die Erfassungsbescheide für die Bundeswehr angekommen und er und seine Klassenkameraden hätten angefangen, über Kriegsdienstverweigerung zu diskutieren. Heide Berndt, heute FH-Professorin in Berlin, erzählt, sie sei dort mitgelaufen, wo ihr Freund marschiert sei. Wenn der Argumentclub zu den Ostermärschen ging, seien alle dabeigewesen. Eigene politische Kategorien hätte sie da noch nicht gehabt. Manfred Scharrer, heute ÖTV-Schulleiter, trug ein Schild für die friedliche Nutzung der Kernenergie. Er gehörte der evangelischen Jungschar an, liebte die Stimmung am Lagerfeuer und genoß es, wenn die Ostermarschierer bei schlechtem Wetter durchhielten. Ein heroisches Gefühl, sagt Scharrer heute.

Natürlich seien das alles DKPler gewesen, bestätigt taz-Redakteur Christian Semler. Er hätte sie ja gekannt, zumindest die in Bayern. Das seien persönlich nette Leute gewesen, bis auf die politische Überzeugung eben. Die KPD sei gerade verboten worden und Anfang der 60er Jahre hätten die Kommunisten versucht, unter dem Deckmantel der Ostermärsche politisch wieder Fuß zu fassen. In Bayern hätte man im Gänsemarsch demonstrieren müssen, Reihen unter den Demonstranten seien verboten gewesen. Alle seien feierlich gekleidet erschienen, wie zu einem Osterspaziergang eben. Auch er kam im besten Anzug, denn Anfang der 60er Jahre war der Semler noch Rechtsreferendar. Im Demonstrationszug ging ein Esel mit: „Ich bin für die Nato“, stand auf dem Plakat, das er trug. Noch ein zweites Mal ging Semler zu einem Ostermarsch, aber da eigentlich nur noch, weil er einem Mädchen nachgestiegen ist.

„Mir hat es nie eingeleuchtet, warum die russischen Raketen gut und die amerikanischen schlecht gewesen sein sollen“, meint der Ex-Landrat von Rügen, Udo Knapp. Deshalb sei er doch nicht aus der DDR weggegangen, um für Frieden und Freundschaft mit der UdSSR zu demonstrieren. Er sei sein Leben lang ein gepflegter Antikommunist geblieben.

Der SDS entzog sich den Demonstrationen durch Fundamentalkritik. Zu langweilig, zu rituell, zu DKP-lastig. „Man rümpfte die Nase“, erinnert sich die Psychologin Annemarie Tröger.

Aktuell wurden die Ostermärsche erst, wenn nachgerüstet werden und die Pershing II verhindert werden sollte. Da blockierte Eike Hemmer, Betriebsratsvorsitzender in einem Bremer Stahlwerk, auch Bremer Kasernen. Die Ostermarschbewegung bleibt offenbar im Wartestand. Diese Märsche seien nicht ihre Welt, meint die nachgeborene taz-Chefredakteurin Klaudia Brunst. „Es gibt so Demonstrationen, auf die man geht und zu denen man nicht geht.“

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