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Dumm und glücklich

■ „Night of the living dumb“: Fünf Garagenbands im Römer

Nicht all zu viele Gäste hatten es am Ostersonntag bereits um 18 Uhr in den Römer geschafft. Mit verkniffenen Augen stolperten die üblichen Verdächtigen auf die Tanzfläche und fahndeten nach freien Barhockern. Fünf Bands aus der Garage standen in den Startlöchern, aber zunächst wurde J.Michael McCarthy's Trash-Film „The Sore Losers“mit Jack Oblivian und anderen vorgeführt. Mit großer Liebe zu den Ikonen der ausbrechenden Kultur in den 50ern bekämpfen sich außerirdische Serienkiller und verrückte Knastschwestern, eine Hommage an die legendären E.C.-Comics wie „Shock“, „Weird Science“oder „Two-Fisted Tales“. Die Popkultur beschränkt sich nicht mehr auf den Teilbereich Musik, sondern sorgt für eine runde Party ohne Hierarchien. Draußen stand die Sonne noch am Himmel als die „Sods“die Bühne betraten und wüst drauflosballerten. Die „Sods“leben anno '78 in L.A., covern die „Angry Samoans“und rekrutieren sich zur Hälfte aus den „Meatles“, jener Band, die bekannt dafür ist ihr Publikum mit Billigwürsten zu bombardieren. „Wir waren total scheiße“meinte Sängerin Nicole danach, aber trotzdem zählen die „Sods“natürlich zu den „bands to watch“wie es ein Gast von auswärts formulierte. Das Trio „Chung“überzeugten danach einmal mehr mit gewaltigen Songs, die nur vom schlechten Sound am Riemen gehalten wurden. Musikalisch passen „Chung“vieleicht nicht unter die Folie vom verdreckten 90s-Rock'n'Roll, aber sie haben ihren Platz bei denen, die sich dazu bekennen, daß es ein Riesenspaß ist mitten in einer Kultur aus Schrott und Abfall aufzuwachsen. Die „Moorat Fingers“machten danach wieder alles klar. Punkrock in der primitivsten Form, aber mit dem Drive, der denen abgeht, die ständig nur das Szenebefinden diskutieren wollen. Ihr neuer Single-Hit „Action Boy“ist der fuselnden Legende Boris Lowlander gewidmet und wurde dementsprechend betanzt. Das Ende der „Lowlander“hat Verwirren und Entsetzen ausgelöst. Niemand wird die spontanen Party-Auftritte der Schottenrocker so schnell ersetzen können und das wußten auch die „Cellophane Suckers“, die in einem Jahr bereits zum dritten mal an einem Sonntag in Bremen spielten und eine ansehnliche Fanschar vor sich sammeln konnten. Obwohl sie unterwegs ihren Bassisten an der Tankstelle vergessen hatten, waren die Herren aus der Gegend Solingen die Gewinner des Abends. Ihren Tourbegleitern, die „TV Killers“aus Bordeaux, blieb nur noch die unbequeme Aufgabe so schnell wie möglich ihre Songs runterzuspielen bis pünktlich um 23 Uhr zum Zapfenstreich gepfiffen wurde und das Disco-Publikum hereinströmte.

Der tatsächlich letzten Auftritt von „Die Lowlander“ist am 22.5. auf dem Flut-Festival: The Return of the Living Dumb. Gäste u.a.: Jet Bumpers, Chung, The Green Hornets und der Lightning Beatman mit seiner Wrestling-Show . Ich habe fertig. StErn

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