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Das System

Mit 18 osteuropäischen Staaten hat Deutschland 1996 insgesamt 71 bi- und multilaterale Abkommen zur Polizei- und Zollkooperation sowie zur Ausländer- und Flüchtlingspolitik geschlossen. Bedenkt man, daß es hier bis 1990 so gut wie nichts Schriftliches gab, läßt sich die Dimension am besten erfassen.

Bei der Ausländer- und Flüchtlingspolitik geht es zunächst um Rückübernahmeabkommen – klarer ausgedrückt: Abschiebeverträge. Die mittel- und osteuropäischen Staaten (MOE-Staaten) verpflichten sich, sowohl eigene Staatsangehörige wie auch BürgerInnen von Drittstaaten, die über ihr Territorium nach Deutschland eingereist sind, zurückzunehmen.

Einige der MOE-Staaten – darunter Polen – konnten im Gegenzug immerhin die visumfreie Einreise ihrer BürgerInnen zu einem maximal dreimonatigen Kurzaufenthalt erreichen.

Für den größten Teil der OsteuropäerInnen heißt es aber vor den deutschen Konsulaten Schlange stehen – oft ohne Erfolg.

Kern der Verträge im Polizeibereich sind die Abkommen über die Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Organisierten Kriminalität. In einer Reihe von Ministerkonferenzen (1991 Berlin, 1993 Budapest, 1997 Prag) haben die Staaten der Europäischen Union das Feindbild des organisierten Schleppers zum Zentrum der Zusammenarbeit gemacht. Klar, daß man hier nicht umhinkommt, auch über die Eingeschleusten selbst zu reden.

Unkontrollierte Wanderungsbewegungen will man in den Griff bekommen, unter anderem durch verstärkte Grenzkontrollen, durch harmonisierte Mindeststrafen für illegal Einreisende und für Schlepper, durch Datenaustausch und polizeiliche Kooperation. Dabei fließt selbstverständlich auch Geld.

Die westlichen Polizeien unterstützen ihre armen KollegInnen im Osten durch Aus- und Fortbildung und durch Ausrüstung mit neuer Technik. Zugleich helfen sie sich damit selbst: schaffen sich Kontakte bei den östlichen Partnern und setzen ihre Konzepte bei grenzüberschreitenden und internationalen Einsätzen durch.

Rückübernahmeabkommen und Polizeikooperation sind denn auch kaum zu trennen. Besonders deutlich wurde dies bei den Verträgen, die die Bundesrepublik nach der Abschaffung des Asylrechts 1993 mit Polen und ein Jahr später mit Tschechien schloß: Als Ausgleich für die Belastung durch die aus Deutschland abgeschobenen Personen erhielt Polen 120 Millionen und Tschechien 60 Millionen Mark.

Die Gelder wurden vor allem in die Ausrüstung der dortigen Grenzer gesteckt. Da der größte Teil der Materialien vereinbarungsgemäß in der Bundesrepublik Deutschland beschafft werden mußte, sicherte man sich so gleichzeitig die Kompatibilität der Technik.

In der Kooperation mit Polen, so betonen denn auch Vertreter des Bundeskriminalamts und des brandenburgischen Landeskriminalamts, ließe sich heute zum Teil schon mehr machen, als es mit den westlichen Partnerpolizeien der Schengenländer möglich sei. Tschechien versucht nun, dem polnischen Beispiel zu folgen.

Heiner Busch,

Redaktion Bürgerrechte &

Polizei/CILIP

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