Richtige Weichenstellung

Die Deutsche Bahn AG (DB) hat den Service für Radfahrer in den letzten Jahren erheblich verbessert. Doch die DB subventioniert ihre schärfsten Gegner  ■ Von Volker Wartmann

„Die Deutsche Bahn AG (DB) ist in den letzten Jahren zunehmend fahrradfreundlicher geworden“, sagt Benno Koch, Pressesprecher des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs Berlin e.V. (ADFC). „Nach unserer Einschätzung ist in Deutschland der Service der Bahn für Radfahrer inzwischen besser als in traditionellen Fahrradfahrerländern wie den Niederlanden und Dänemark.“

Außer in den ICEs können Velos inzwischen in den meisten Zügen mitgenommen werden. Nach Angaben der Bahn AG besteht in rund 60 Prozent der Fernzüge die Möglichkeit der Fahrradmitnahme. „In den Interregios gibt es in der Regel mindestens acht Stellplätze für Fahrräder, in den meisten ICs doppelt so viele“, erläutert Koch. Die DB empfiehlt vor allem in Zügen des Fernverkehrs die rechtzeitige Reservierung der Fahrradplätze. Reservierungen können schon drei Monate vor dem Reisetag vorgenommen werden. „Auch ohne Reservierung kommt man als Radfahrer in den meisten Zügen mit. Die allgemeine Toleranz gegenüber Radfahrern ist inzwischen sehr groß“, so Koch. „Normalerweise ist die Mitnahme von Fahrrädern selbst im Eingangsbereich der Waggons problemlos möglich.“

Zwölf Mark pro Strecke kostet die Mitnahme eines Fahrrades, unabhängig von der Entfernung innerhalb Deutschlands, Bahncard- Besitzer zahlen neun Mark. Im Regionalverkehr bis 100 Kilometer und bei Nutzung eines Schönes- Wochenend-Tickets müssen sechs Mark für die Mitnahme eines Drahtesels berappt werden.

Die günstigste Möglichkeit für Ausflügler im Berlin-Brandenburger Raum ist die Mehrtages-Fahrrad-Karte. Für 25 Mark kann man fünfmal einen ganzen Tag beliebig häufig das Rad in Zügen des Regionalverkehrs in Berlin und Brandenburg mitnehmen. Diese Fahrkarte ist vier Monate gültig.

Wer sein Fahrrad nicht selbst verladen will, kann es als Kuriergepäck von der Deutschen Bahn AG an die Urlaubsadresse vorausschicken lassen. Innerhalb Deutschlands kostet dieser Service 46 Mark. Wer sein Rad nicht versandfertig verpackt, muß noch einmal zehn Mark für eine Mehrwegverpackung draufzahlen. Die Deutsche Bahn AG läßt die Fahrräder allerdings vom Hermes-Versand per Auto zum Zielort transportieren.

Ab diesem Frühjahr werden viele Ausflugsziele im Umland schneller mit der Bahn erreichbar sein. Mit der Inbetriebnahme der Stadtbahn-Strecke wird die Innenstadt (Zoo, Alexanderplatz, Hauptbahnhof) ab Ende Mai durch fünf Regionalexpreß-Linien direkte und schnelle Verbindungen zu allen wichtigen Städten Brandenburgs erhalten. Dafür werden mehr als 20 neue, bis 160 Stundenkilometer schnelle Doppelstockzüge in Betrieb genommen. „In jedem Wagen befindet sich ein großes Mehrzweckabteil für die Fahrradmitnahme“, erläutert Stefan Kohte, Mitarbeiter im Arbeitskreis Verkehr des BUND.

Allerdings gibt es für die Fahrradausflügler dieses Jahr auch einige Wermutstropfen. Zum Beginn des Sommerfahrplans plant das Land Brandenburg, das für den Regionalverkehr zuständig ist, die Stillegung von mindestens sieben Linien. So soll beispielsweise auch die Strecke nach Buckow in der Märkischen Schweiz stillgelegt werden.

Für Ende des Jahres ist die Einführung eines gemeinsamen Tarifsystems für die gesamte Region Berlin-Brandenburg geplant. „Es ist zu hoffen, daß dann ein günstiger Fahrradmitnahmetarif sowohl für normale Einzelfahrscheine als auch für Zeitfahrkarten durchgesetzt wird“, so Kohte.

Bei aller zunehmenden Fahrradfahrerfreundlichkeit gelingt es der Deutschen Bahn AG immer wieder, die Radfahrer mit ihrer Preispolitik zu provozieren. Ein Beispiel hierfür ist der Autoreisezug Berlin–Dortmund: 464 Mark kostet die Hin-und-rück-Fahrt im Intercity der 1. Klasse für fünf Personen und Auto in diesem Zug. Fünf Personen mit Fahrrad zahlen dafür 1.266 Mark. Selbst in der 2. Klasse muß eine Fünfergruppe mit Fahrrädern noch 822 Mark zahlen. „Das ist ein verkehrs- und tarifpolitischer Skandal, der europaweit seinesgleichen sucht“, sagt Michael Cramer, verkehrspolitischer Sprecher von Bündnis 90/ Die Grünen. „Es ist ein Stück aus dem Tollhaus, wenn Reisende ohne Auto oder mit dem Fahrrad erheblich mehr bezahlen müssen als Reisende mit Auto im Autoreisezug.“ In der Regel seien die Autoreisezüge der Bahn allenfalls zur Hälfte ausgelastet. Aber auch dann sei Fahrgästen mit Rad die Benutzung des Autoreisezuges nicht gestattet. Cramer: „Die Deutsche Bahn AG subventioniert mit den Einnahmen der treuesten Kunden – und dazu gehören auch die Radfahrer – ihre schärfste Konkurrenz, die Autofahrer.“

Radfahrer-Hotline der DB: (0180) 319 41 94, Mo. bis Fr. 8 bis 18 Uhr, Sa. 8 bis 12 Uhr