Das Portrait: Der Mann an Schröders Seite
■ Heinz Thörmer
Eigentlich wollte er ja im kommenden Jahr Landrat im Kreis Osterode im Harz, seiner Heimat, werden. „Doch wenn die Partei ruft, muß man folgen“, meint der 49jährige Sozialwissenschaftler. Und so wechselt Heinz Thörmer jetzt aus der niedersächsischen Staatskanzlei im Auftrag von Gerhard Schröder in die Bonner SPD-Wahlkampfzentrale. Dort wird er von Anfang Mai bis Ende September das Büro des Kanzlerkandidaten leiten.
In Schröders Diensten steht der Genosse Dr. phil., der etwa Arbeiten zur SPD- Parteigeschichte veröffentlicht hat, schon achtzehn Jahre. Zunächst war er ab 1980 in Bonn der Assistent des jungen Bundestagsabgeordneten, leitete ab 1986 das Büro des niedersächsischen Oppositionsführers und schließlich ab 1990 eine Zeitlang auch das des Ministerpräsidenten. Danach war er in der Staatskanzlei für Grundsätzliches zuständig, zuletzt als Chef der Arbeitsgruppe „Projektentwicklung und –betreuung“.
Verschwiegenheit, akribische Sorgfalt, für die seine mit winzigen Buchstaben beschriebenen Notizzettel stehen, und Weitblick gepaart mit einem nüchternen, schon resignativen Sinn für die Grenzen des Machbaren – das sind die Tugenden des Schröder-Getreuen. Hinreichend allgemein bleiben, nichts versprechen, eben vor allem keine Äußerungen liefern, an die der politische Gegner in ferner Zukunft noch einmal anknüpfen könnte – nach solchen Leitlinien hat Thörmer unzählige Manuskripte für Reden, Erklärungen und Aufsätze verfaßt.
Als Büroleiter soll er nun dafür sorgen, daß es nicht zu Reibungsverlusten zwischen der Bonner SPD und Schröders Staatskanzlei in Hannover kommt. Natürlich würde Heinz Thörmer nie zugeben, daß er in der Vergangenheit auch gelitten hat unter den manchmal primadonnenhaften Allüren seines Chefs, mit denen dieser gegenüber engen Mitarbeitern die Mühen der ständigen Medienpräsenz kompensiert. Als Schröder jedoch ab 1994 in der SPD den ständigen Stänkerer spielte, schien der Sozialdemokrat mit Leib und Seele, der sich gerne mit den Biographien alter Genossinnen befaßt, eine Zeitlang auf Distanz zu seinem Chef gegangen zu sein. Gerade daß Thörmer nicht nur in Schröders Staatskanzlei, sondern auch in der Partei zu Hause ist, hat ihm seine jetzige Koordinationsaufgabe beschert. Jürgen Voges
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