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Prinz Willem Alexander wird König von Europa

■ Welches Image hat der Euro in Europa? Die Niederländer beginnen sich zu sorgen

Amsterdam (taz) – In zehn Jahren, so das NRC Handelsblad, könnte Euro-Land entweder ein „Paradies oder ein Tränental“ sein. Würde es ein Paradies, dann würde der Binnen- und Außenhandel in die Höhe schießen, ebenso die Investitionen und ein Wirtschaftswachstum von 4,8 Prozent noch als niedrig gelten. Für das Tränental entwickelte das NRC folgendes Szenario: Im Jahr 2002 würde das in kurzer Zeit vierte italienische Kabinett den Stabilitätspakt aufsagen, Belgien, Frankreich und Spanien mit Vetos fällige Bußen verhindern und Südeuropa ins Chaos abgleiten.

Nordeuropa in Panik! In einem Haager Café würde ein alter Mann im Kaffee rühren, nachdenklich angesichts einer Botschaft, die das Haager Kabinett gerade bei einem Geheimbesuch des deutschen Bundeskanzlers bekommen hätte: Italien brauche dringend für das Staatsbudget Finanzhilfe aus dem Norden. Die Nordländer aber blieben hart – kein Euro-Cent für Italien. Folge: Straßensperren südeuropäischer Bauern gegen holländische Tomaten, nacheinander fallen die Verträge von Schengen, Amsterdam und Rom. Den Niederlanden bliebe nichts anderes übrig, als mit Finnland, Österreich und Deutschland eine Währungszone zu bilden.

Der alte Mann mit den Sorgenfalten – er ist der heute real die liberale VVD anführende Frits Bolkestein, würde seinen Kaffee austrinken, die Brieftasche zücken und brummeln: „Zwei Kaffee – 945 Mark?“ Die Katastrophe wäre da – Holland hätte den Gulden verloren und über den Umweg Euro dafür erst die Inflation und dann die Mark bekommen.

In den Niederlanden wächst die Unsicherheit. Frits Bolkestein, Parteifreund und Finanzminister Gerrit Zalm haben die Euro-Frage angesichts der horrenden Defizite in Italien und Belgien ähnlich wie Bayerns Ministerpräsident Stoiber immer wieder aufgegriffen – und ähnlich wie Stoiber stimmten sie dann doch im Parlament zu. „Industrie sowie Banken- und Versicherungswelt sind klar für den Euro, ansonsten waren die Reaktionen auf die Euro-Frage bislang eher lau“, begründet das Bart Lubbers. Er ist der Autor eines Beststellers über den Euro und Sohn von Ruud Lubbers, der als früherer niederländischer Premier an der Wiege des Euros stand. Gefühlsmäßig halten sich Befürworter und Gegner der Währungsunion die Wage. „Der Mehrheit der Niederländer sind die Vorteile des Euros klar – wir sind eine Exportnation“, erklärt Lubbers. „Aber eine Mehrheit der Niederländer hat es schwer, sich von dem mehr als 300 Jahre alten Gulden zu lösen. Immerhin eine der ältesten Währungen Europas, seit Jahren auch dank der Anbindung an die D- Mark hart und stabil.“

Mehr als 60 Prozent der Niederländer wollen ein Euro-Referendum. Der Historiker Gijs Westerouen van Meeteren gründete eine Initiative „Referendum Euro Jetzt!“. Denn „wenn die Politiker nicht hören wollen, dann nehmen wir das Recht in die eigene Hand“, droht der Gulden-Aktivist unmißverständlich. Das NRC Handelsblad veröffentlichte am 25. April eine Umfrage des NIPO-Institutes, wonach bei einer Volksabstimmung 39 Prozent gegen und 35 Prozent für den Euro stimmen würden. Das Parlament aber hat die Euro-Frage längst abgesegnet.

Einem Teil der Niederländer ist eine ganz andere Frage wichtig. Nachdem die aus Österreich stammenden Entwürfe für die Geldscheine in Holland einhellig abgelehnt wurden (altmodisch, häßlich), kämpft im Internet eine Gruppe um die Münzen: „Prinz Pilsje“, so der Willem-Alexander- Fanclub (WAF!), müsse auf die Euro-Münze. Königin Beatrix, die als eitel gilt, dürfte nicht so schnell ihr Porträtrecht abtreten, auch nicht an ihren Sohn. WAF! weiß einen Ausweg: „Prinz Alex muß dann eben König von Europa werden.“ Alptraum oder Paradies?

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