: Kriminalpolitisches Forum gegründet
■ Fachleute aus Justiz und Wissenschaft wollen das Thema Kriminalität nicht den Schlagworten der Politiker überlassen. Noch ungeklärt ist Position zur Heimunterbringung straffälliger Kinder
Fachleute aus der Straffälligenhilfe, der Kriminalpolitik, der Wissenschaft, dem Strafvollzug und der Strafrechtspflege wollen sich künftig stärker in die kriminalpolitische Diskussion der Hauptstadt einmischen. Um diesen Vorsatz in die Praxis umzusetzen, haben mehr als dreißig Personen am vergangenen Wochenende ein „Neues Kriminalpolitisches Forum“ gegründet. „Wir wollen dazu beitragen, daß die Diskussion versachlicht wird“, sagt Hans Dasch, Jugendrichter am Amtsgericht Tiergarten. Dasch ist einer der sieben vorläufigen SprecherInnen des neuen Forums.
Wie die anderen Mitglieder meint er, daß man die Kriminalpolitik – besonders in Wahlkampfzeiten – nicht länger den Schlagworten der PolitikerInnen überlassen kann. Eines von Daschs Beispielen: die jüngste Verschärfung des Sexualstrafrechts. Diese sei nicht aufgrund von sachlicher, nüchterner Diskussion, sondern auf öffentlichen Druck hin erfolgt. „Das geht doch nicht“, urteilt der Jugendrichter. Für Vera Barth, Geschäftsführerin der Freien Hilfe und eine weitere Sprecherin des Forums, war im vergangenen Jahr der Zeitpunkt erreicht, um wieder aktiv zu werden: „Da wollte die Senatsverwaltung für Justiz uns und anderen Trägern der Straffälligenhilfe die Mittel streichen, und nichts passierte.“
Das Kriminalpolitische Forum plant zweierlei: Mehrmals jährlich sollen in öffentlichen Gesprächsforen aktuelle kriminalpolitische Fragen diskutiert werden. Das erste Forum soll noch vor der Sommerpause zum Thema geschlossene Heime, neue Haftanstalten oder dem Umgang mit nichtdeutschen Straftätern stattfinden. Zudem will das Forum zu aktuellen, auch tagespolitischen Diskussionen Stellung nehmen.
Das Forum soll parteipolitisch unabhängig sein, ist aber eher in der gesellschaftlichen Mitte und links davon angesiedelt – nicht nur, weil auch VertreterInnen der Bündnisgrünen und der SPD in ihm mitarbeiten. „Aber es gibt keine Tabus“, betont Jugendrichter Dasch mit Blick auf die Diskussion um geschlossene Heime für Kinder, die wiederholt Straftaten begehen. „Irgend etwas muß man der Verwahrlosung Zehn- oder Zwölfjähriger entgegensetzen.“ Welche Position das Forum in dieser Frage beziehen wird, ist für Dasch noch ungeklärt.
Anders als Dasch hat seine Kollegin Barth bereits Erfahrung mit der Arbeit in einem solchen Gremium. Sie war schon beim alten Kriminalpolitischen Forum dabei. Das hatte sich Mitte der 90er Jahre wegen mangelnder Resonanz und allgemeiner kriminalpolitischer Flaute aufgelöst. Die scheint vorbei zu sein. Sabine am Orde
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