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Angeknackste Freundschaft

■ Paris und Bonn streiten wegen Euro

Paris (taz) – Seit Jacques Chirac seinen eigenen Kandidaten für die Europäische Zentralbank weiter vorgedrängt hat, als es Helmut Kohl lieb war, ist Sand im Getriebe des deutsch-französischen Motors. Beim heute in Avignon beginnenden zweitägigen bilateralen Gipfel werden deshalb die strittigen Themen im Vordergrund stehen: vom Euro über die institutionelle Reform der Europäischen Union, auf die die französischen Gastgeber vor einer Erweiterung gen Osten pochen, bis hin zu der Duisenberg-Trichet-Affäre.

Eine markante Abwesenheit beim heutigen Gipfel wird der Bonner Finanzminister Theo Waigel (CSU) sein. Waigels Sprecher begründete das Fehlen mit anderweitigen Verpflichtungen sowie kurioserweise auch einem G-7-Treffen, das erst am Freitag in London stattfindet. In Paris hingegen gilt als ausgemacht, daß Waigel nicht kommt, weil er „Wahlkampfverpflichtungen in Bayern“ habe. Beinahe hätte auch der Bonner Wirtschaftsminister Günter Rexrodt (FDP) den Avignoner Gipfel, der bereits seit mehreren Monaten geplant ist, boykottiert. Gestern überlegte er mehrere Stunden lang, ob er dem Treffen fernbleibe – aus „organisatorischen Gründen“.

Der französische Wirtschafts- und Finanzminister Dominique Strauss- Kahn bemühte sich unterdessen, die deutschen Ängste zu dämpfen. Frankreich sei an einem „starken Euro“ interessiert, erkärte er. Auch Bundeskanzler Kohl versuchte zu schlichten: „Freundschaft heißt für mich im privaten Leben wie in der Politik, daß ich mit den Freunden über alles reden kann, über alles, auch dort, wo wir unterschiedliche Meinungen haben.“

Statt der üblichen gemeinsamen Initiativen für Europa ist in Avignon allenfalls eine Schlichtung der vielleicht heftigsten Beziehungskrise der bilateralen Geschichte zu erwarten. Was Kohl und Chirac dennoch verbindet, ist, daß der Euro künftig beiden im persönlichen Karriereweg stehen könnte. Kohl muß sich in diesem Jahr im Wahlkampf wegen des Brüsseler Kompromisses rechtfertigen. Chirac steht Ähnliches bevor, wenn er sich um seine eigene Nachfolge bewerben will. Denn im Jahr 2002, wenn die nächste Präsidentschaftswahl in Frankreich ist, steht zugleich der von Chirac versprochene vorzeitige Rücktritt des Niederländers Duisenberg zugunsten des Franzosen Trichet bevor. Daß das nicht unbedingt geschehen wird, haben die Deutschen bereits angekündigt. Wenn er wolle, könne Duisenberg auch die volle Amtszeit von acht Jahren EZB-Präsident bleiben, sagte Waigel gestern in Bonn. dora Tagesthema 3

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