: Hermannstraße mit Putzfimmel
■ Konzertierte Saubermach-Aktion auf der Neuköllner Hermannstraße: Umweltsenator und Geschäftsinhaber unterzeichnen symbolischen Stadtvertrag für eine saubere Einkaufsmeile
Die Straßenfeger von der BSR konnten sich das Grinsen nicht verkneifen, als sie Umweltsenator Peter Strieder (SPD) mit einem Wischlappen die Fahrradständer wienern sahen. „Wir sind mächtig stolz auf ihn“, witzelte einer über die PR-Show. Daß Strieders Lappen keine Dreckspuren aufwies, lag daran, daß die BSR-Mitarbeiter die Hermannstraße am Morgen einer bespiellosen Reinigung unterzogen hatten.
Selbst die Ampeln waren geschrubbt worden, damit sich die konzertierte Aktion „Saubere Hermannstraße“ vor makellosem Hintergrund präsentieren konnte. Vor versammelter Presse unterzeichnete Strieder gestern zusammen mit dem Neuköllner Bezirksbürgermeister Bodo Manegold (CDU) und einem Vertreter der Aktion Hermannstraße e.V. einen „Stadtvertrag“ zur Reinhaltung der Einkaufsmeile. Nach der Müllerstraße im Wedding sieht Strieder damit eine weitere Geschäftsstraße auf Vordermann gebracht. „Unser Projekt, die Stadt und das Stadtbild zu einer gemeinschaftlichen Aufgabe zu machen, geht voran“, frohlockte er.
In Wirklichkeit ist das Ganze nicht neu. Die „Aktion Hermannstraße“, ein Zusammenschluß von 60 Geschäften, existiert bereits seit 1982. Neben der Ausrichtung von Straßenfesten und der Installierung von Weihnachtsschmuck war auch die Sauberkeit nebst Wartung der Hochbeete schon immer ein zentrales Anliegen. Die Pflanzen für die Beete werden von den Mitgliedsbeiträgen der Aktion Hermannstraße finanziert. Je nach Ladengröße zahlen die Inhaber zwischen 250 und 1.000 Mark Beitrag im Jahr. Daß von den rund 250 Geschäften an der Hermannnstraße nur ein gutes Viertel Mitglied ist, begründete der Vorsitzende der Aktion, Wolfgang Dudek, mit dem großen Kostendruck aufgrund der „konsumarmen Zeit“. Abgesehen von Woolworth, einigen Banken und einer Thoben- Bäckerei engagiere sich ausschließlich das Kleingewerbe. Von den zahlreichen türkischen Läden mache aber leider keiner mit.
Neu an der Aktion ist laut Dudek, daß durch das Bezirksamt Neukölln nun auch Bewag, Telekom, Gasag und BSR verstärkt eingebunden worden seien. Auf deren Veranlassung würden nun alle Straßenschilder, Verteilerkästen, Laternen und Telefonzellen gereinigt. Die Hermannstraße werde täglich zweimal gefegt und der Hundekot maschinell beseitigt. Die Hinterlassenschaft der Köter sei auf der Hermannstraße aber nie ein großes Problem gewesen. Aufkleber und Farbsprühereien „verschandeln das Straßenbild viel mehr“, findet auch der Inhaber der „Lichtquelle“, Peter Spilgies, gleichzeitig Schatzmeister der Initiative. Er hofft, daß der Stadtvertrag in dem Sinne Wirkung zeigt, daß alle „ein bißchen mehr Verantwortung“ übernehmen, selbst mal den Besen in die Hand nehmen. Die Passanten reagierten eher skeptisch. „Es wäre schon schön“, meinte eine 60jährige Hausfrau. „Aber ob sich das durchhalten läßt?“ Ein 37jähriger Kameramann verkündete: „Ich ziehe trotzdem lieber weg.“ Spätestens seit bei ihm vor dem Haus seine Motorradsitze aufgeschlitzt worden seien, habe er „die Schnauze voll“. Plutonia Plarre
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