piwik no script img

Wo jedes Jahr die Musi spielt

Sportlich, musikalisch, familiär: Mit einer differenzierten Angebotspalette von Thermalquellen mit Körperkult bis zum Heidifest steuert die Region Bad Kleinkirchheim in Kärnten dem österreichweiten Sturzflug der Urlauberzahlen entgegen. Mit Erfolg  ■ Von Edith Kresta

Geh aufe betn zur St. Ann,

die verhilft dir bestimmt an Mann!

Wann's a ka bsunderer nit is,

an rothaaratn schickt sie dir gewiß!

Eine Wallfahrt nach St. Ann würden die beiden älteren Ehepaare der alleinurlaubenden Frau am Nebentisch sicherlich empfehlen, wenn ihnen dieser vielversprechende Geheimtip in der Nähe von Bad Kleinkirchheim in Kärnten bekannt wäre. Dafür erzählen sie der Frau von lukrativen Partien, die ihnen in den letzten zwanzig Jahren hier im Hotel „Alte Post“ begegnet sind. Nicht unbedingt viele. Hierher kommt man als Paar, als Familie. Alleinreisende fallen auf. Fünfmal hat der Hannoveraner inzwischen seinen Platz gewechselt und noch immer nicht die Position aus dem Vorjahr wiedergefunden. Freundlich weist ihn der Kellner darauf hin, daß er doch immmer auf der Stirnseite Richtung Flur gesessen habe. Die resolute Gattin nickt gütig. Seit zwanzig Jahren treffen sich die zwei gutsituierten Ehepaare aus Hamburg und Hannover zum Urlaub in der „Alten Post“. Damals mit Kindern, heute ohne. Treue Stammgäste. Eingeweiht in die Gepflogenheiten des Hauses. Umhegt.

Bad Kleinkirchheim ist ein Urlaubsort mit Tradition und touristisch auf der Zielgeraden, obwohl überall in Österreich die Bettenbelegung schrumpft. In dem Tal, das abseits der großen Verkehrsadern liegt, sind die Gästezahlen in den letzten Jahren zumindest in den Wintermonaten gewachsen. Herren-Weltcup-Abfahrt, Herren-Weltcup-Slalom und jetzt die Bewerbung für die nächsten Olympischen Winterspiele – der Ort auf der Südseite der Alpen ist nicht nur unter Sportlern ein Begriff. Berge gibt es schließlich woanders auch. Thermalquellen nicht. Bad Kleinkirchheim wirbt vor allem mit dem Sprung vom Berg ins Bad. Und dabei hat der Besucher die Wahl zwischen der eher klassischen Therme St. Kathrein mit Kurbetrieb oder dem Erlebnisplanschen im Römerbad. Bis zum Kopf im warmen Becken, kann Klein Anna dort – im tiefsten Winter – im Freien den wedelnden Papa auf der gegenüberliegenden Piste bewundern.

Tradition ganz im Trend

Oder man geht gleich ins Hotel „Alte Post“: von der Almkräutersauna über Solebecken mit Unterwassermusik, dem Ruheraum mit kosmischer Strahlung bis zu Massage, Kosmetik und Holundersaft – Entspannung pur. Sozusagen ein Rundum-Wohlfühl-Programm. Dabei wirkt die „Alte Post“ wie ein durch und durch gediegener Familienbetrieb. Das ist sie auch, aber Hotelierstradition verpflichtet. Und deshalb präsentiert sich die „Alte Post“ ganz im Trend der neuen Zeit. Und diese verpflichtet wiederum zu einem gelassenen Formenkatalog. Zum Beispiel, daß man nicht spätestens um halb zehn zum Frühstücken antrollen muß und dann miesepetrig den letzten lauwarmen Kaffee gereicht bekommt. Nein. In der „Alten Post“ gibt es Frühstücksbuffet bis 12 Uhr. Dann kann man ausgeschlafen Ski fahren, wandern oder golfen. Und für die Gymnastik im Pool ist natürlich nicht irgendwer, sondern die ehemalige Trainerin des österreichischen Ski- Damenteams, Rosi Mitterer, zuständig.

Bad Kleinkirchheim hat, was vielen Orten in südlichen touristischen Hochburgen fehlt: eine gewachsene touristische Infrastruktur mit kleinen Pensionen, Familienbetrieben, gediegenen Hotels. Und es hat ein eindeutiges Produkt: Skifahren im Winter, Wandern im Sommer beispielsweise im nahe gelegenen Nationalpark Nockberge mit seinen eher geruhsamen Aufstiegen. Regeneration für strapazierte Knochen und gestreßte Gemüter gibt es anschließend im warmen Bade. Freudenträne Gottes wird die Quelle genannt, über der die Kirchheimer die St.-Kathreins-Kapelle errichteten. Und eine Freude ist die Quelle zweifellos für die Touristiker: Erst der Berg mit dem Bad schafft ein eindeutiges Profil auf dem touristischen Konkurrenzmarkt.

Alpenromantik inbegriffen: duftende Heublumen, geranienbehangene, blitzblanke Häuser, überladene Wirtsstuben, der rauschende Bach hinterm Hotel. Der Charme der fünfziger Jahre lebt. Kindheitserinnerungen, als sich die deutsche Kleinfamilie im Kleinwagen zur Sommerfrische an den Wörthersee aufmachte. Nichts davon fehlt in Bad Kleinkirchheim. Doch der Alpenurlaub ist aus der Mode gekommen. Er hat Patina angesetzt. Bad Kleinkirchheim versucht sie mit modernen Regenerationsangeboten im Bade wegzuwaschen. Und da Mallorca allemal billiger ist als der Urlaub im seriösen österreichischen Mittelklassehotel, will man nun die Gäste in der Zwischensaison mit günstigen All-inclusive-Angeboten locken. Sie können dann wählen zwischen zwei Thermen, Seilbahnen und Liften zum Skilaufen oder Wandern, Tennis, Squash, Reiten, Minigolf, geführten Wanderungen. Alles inklusive gebucht mit dem Zimmer der All-inclusive- Betriebe, die es in allen Kategorien gibt – vom Fünf-Sterne-Haus bis zur einfachen Pension.

Familienurlaub – eine sichere Bank

Kärnten, das ist Familienurlaub. Und, weiß Markus Ronacher, Geschäftsführer im „Ronacher Hotel“, „das ist eine sichere Bank. Wenn die Sprößlinge zwischen 18 und Ende 20 flügge werden, kommen die Eltern alleine oder gar nicht mehr. Spätestens mit eigener Familiengründung kehren die Jungen dann wieder.“ Erinnerungen an sattgrüne Grashalme, die sanften Höhen der Nockberge oder das neugeborene Kätzchen im Heu scheinen doch als kindgerechte Events hängenzubleiben. Und was einen selbst erfreute, will man auch den eigenen Kindern gönnen. Bad Kleinkirchheim bietet schließlich für alle Altersgruppen was: für Klein Anna das „Heidifest, wo das kleine Bergbauerndirndl im Vordergrund steht“, für den großen Bruder Norbert „die glühenden Waden beim Mountainbike-Bergrennen“ und für Oma und Opa das aus dem Fernsehen bekannte Unterhaltungsprogramm mit Bergpanorama „Wenn die Musi spielt“. Mutti und Vati begeben sich vielleicht auch dorthin oder aber auf den „Weg zur Kraft“ im Thermenbereich.

Kärnten ist eben vielseitig. Und gar nicht weit weg.

Tourismusverband Bad Kleinkirchheim, 9546 Bad Kleinkirchheim, Österreich,

Tel.: 0043-4240-8212, Fax: -8537

Ronacher Hotel „Alte Post“, 9546

Bad Kleinkirchheim, Österreich, Tel.: 04240-212, Fax: -650

Kärntner Tourismusgesellschaft

m.b.H., Casinoplatz 1,

9220 Velden, Österreich,

Tel.: 0043-4274-52100,

Fax: -52100-50

Anfahrt mit dem Zug bis Villach

oder Spittal. Transfer zum Hotel.

In den Wintermonaten gibt es von einigen deutschen Städten – Hamburg, Berlin, Düsseldorf – die Aktion „Flieg in den Schnee“ mit Direktflügen bis Klagenfurt (Preis: ca. 420 Mark).

Der Sommercharter nach Klagenfurt geht nur ab Hamburg.

Transfer zum Hotel.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen