Beim Meineid erwischt

■ Nach Freisprüchen im Autonomenprozeß wird gegen drei Neonazis ermittelt

Hannover (taz) – Gegen drei Neonazis, die im Göttinger Autonomen-Prozeß dem Hauptangeklagten einen versuchten Totschlag angelastet hatten, ermittelt die Staatsanwaltschaft jetzt wegen uneidlicher Falschaussage. Mit Freispruch für alle fünf Angeklagten war das Verfahren um Auseinandersetzungen zwischen Linken und Neonazis vor einem Schulungszentrum der neonazistischen FAP am Donnerstag zu Ende gegangen. Der 36jährige Hauptangeklagte präsentierte in seinem Schlußwort überraschend ein wasserdichtes Alibi: Als es am 26. Oktober 1991 vor dem Haus des damaligen FAP-Landesvorsitzenden zu den Auseinandersetzungen kam, leitete Michael E. gerade im hessischen Marburg ein Symposium über die NS-Militärjustiz. Dies konnte der 36jährige durch Videoaufzeichnungen und sogar durch ein Dankesschreiben des hessischen Ministerpräsidenten Hans Eichel belegen.

Die Göttinger Staatsanwaltschaft leitete dewegen gegen den ehemaligen FAP-Landesvorsitzenden Thorsten Heise und zwei weitere Zeugen aus dem Neonazimilieu Ermittlungsverfahren wegen Falschaussage ein. In dem Prozeß um die Demonstration vor dem FAP-Schulungszentrum, in dem allen fünf Angeklagten unter anderem schwerer Landfriedensbruch und versuchte Brandstiftung zur Last gelegt wurde, hatte die Staatsanwaltschaft schon vor dem überraschenden Alibi des Hauptangeklagten auf fünfmaligen Freispruch plädiert.

Obwohl die Demonstranten vor dem FAP-Schulungszentrum seinerzeit allesamt Skimützen übergezogen hatten, war der Hauptangeklagte von drei Zeugen mit Sätzen wie „Es gibt Gesichter, die man nie vergißt“ als Zwillenschütze identifiziert worden. Jürgen Voges