: „Kein Konsens über die Bekämpfung der DVU“
■ Jens Bullerjahn, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt, meint, gescheitert seien die Gespräche am Umgang der CDU mit den Rechtsextremen
taz: Woran sind die Gespräche mit der CDU gescheitert?
Jens Bullerjahn: Letztendlich am Umgang der demokratischen Parteien im Landtag mit der DVU. Daß es da unterschiedliche Sichtweisen bei SPD und CDU gibt, hatte sich in den letzten Tagen herauskristallisiert. Wir wollten, daß SPD, CDU und PDS alle Möglichkeiten nutzen, um die rechtsextremistische DVU wirksam zu bekämpfen und verbindliche Absprachen in dieser Richtung treffen. Dazu war die CDU nicht bereit. Statt dessen hat sie gestern ein Papier vorgelegt, wo die PDS herausgefallen war. Der Grundkonsens darüber, wie man mit der DVU umgeht, war uns nach Gesprächen mit Parlamentariern aus Schleswig-Holstein und Bremen, wo diese Partei ja mal vertreten war, sehr wichtig. Nachdem dieser Konsens nicht möglich war, sind wir in eine inhaltliche Diskussion gar nicht mehr eingetreten.
Wird es einen neuen Anlauf zur Einigung mit der CDU geben?
Nein. Für die CDU ist die PDS genauso eine extreme Partei wie die DVU. Mit einem solchen Grundverständnis kann es keine Gemeinsamkeiten zwischen SPD und CDU geben.
Sie setzen die PDS also keinesfalls mit der DVU gleich?
Nein.
Welche sind für Sie die wichtigsten Unterschiede?
Zuallererst bei der Frage der Ausländerfeindlichkeit. Überhaupt geht die PDS nicht so platt an die Probleme heran wie die DVU. Ich habe bei der PDS eine große Ernsthaftigkeit kennengelernt. Es ist klar, daß man die DVU nur dann parlamentarisch bekämpfen kann, wenn sich der Rest des Parlaments über das Wie einig ist. Dies wird von allen, die Erfahrungen damit haben, immer wieder betont. Und wenn eine solche Einigkeit nicht zu haben ist, kann es letztlich auch keine vertrauensvolle Zusammenarbeit geben, wie sie in einer Koalition nötig wäre.
Haben Sie den Eindruck, daß die CDU diesen Dissens als Vorwand genommen hat, um die Verhandlungen platzen zu lassen?
Es ging gestern nur um Vereinbarungen im parlamentarischen Raum. Nicht einmal dazu war die CDU bereit. Daß daran die Gespräche scheiterten, zeigt, daß es hier im kleinen Sachsen-Anhalt letztendlich um die fürchterliche Rote-Socken-Kampagne des Herrn Hintze geht.
Also war es nur ein Vorwand?
Das bahnte sich in mehreren Gesprächen an. Der prinzipielle Dissens über die DVU ist gestern klar zutage getreten – und deswegen auch der konsequente Abbruch der Gespräche.
Wer waren Ihrer Meinung nach die Hardliner auf seiten der CDU?
Vor allem die Vertreter aus Bonn. So wie sich die Leute geäußert haben, von denen ich es so nicht erwartet hätte, gab es da sicherlich eine generelle, aus Bonn vorgegebene Linie.
Wie geht es jetzt weiter?
So wie es auch vor vier Jahren weitergegangen ist. Reinhard Höppner wird vorgeschlagen als Ministerpräsidentenkandidat. Das Parlament wird zusammentreten und sich konstituieren. Und ich denke, es wird eine stabile Mehrheit geben, die ihn dann wählen wird.
Und dann?
Danach wird er das Kabinett der SPD-Minderheitsregierung berufen, und wir werden es vereidigen. So stabil wie in den vergangenen vier Jahren werden wir dann die jeweiligen Beschlüsse im Parlament herbeiführen.
Haben Sie mit der PDS schon über die neue Lage geredet?
So schnell sind wir nicht. Aber natürlich muß es jetzt Gespräche geben. Da die Vorgespräche, die wir mit den Vertretern der PDS hatten, sehr offen waren, gehe ich davon aus, daß sich die PDS diesem Kurs nicht verweigern wird.
Sind Sie enttäuscht über das Scheitern der Verhandlungen?
Nein, enttäuscht bin ich nicht. Ich verstehe es nur nicht. Die CDU muß sich darüber klar werden, ob dies der richtige Weg ist im Umgang mit der DVU. Aber das ist nicht unser Problem. Interview: Toralf Staud
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