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Sachsen-Anhalts SPD drängt nun zur Eile

Schon am 26. Mai will sich Reinhard Höppner erneut zum Ministerpräsidenten wählen lassen. Die PDS wird ihm dabei helfen. Ein Abgeordneter der DVU wird die konstituierende Sitzung des Landtags leiten  ■ Aus Magdeburg Toralf Staud

Nach mehr als zwei Wochen Gezerre soll in Sachsen-Anhalt jetzt alles ganz schnell gehen. „Wir wollen runterkommen von den Titelblättern der Zeitungen“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Franz Stenner gestern. Weil es keine zähen Koalitionsgespräche mit der CDU mehr geben wird und weil es mit der PDS – mit der die SPD ohnehin relativ wenige landespolitische Streitpunkte hat – keine Verhandlungen zu geben braucht, könnte dieser Wunsch schnell in Erfüllung gehen.

Für die Konstituierung des Landtages hat die SPD den 25. Mai ins Auge gefaßt. Daß ein Abgeordneter der rechtsextremistischen DVU diese erste Sitzung leitet, wird nun nicht mehr zu verhindern versucht – die CDU hat sich ja nicht auf den Vorschlag der SPD eingelassen, gemeinsam mit der PDS Geschäftsordnungstricks auszutüfteln.

Frühestens am 26. Mai will sich Reinhard Höppner einer Wiederwahl als Ministerpräsident im Landtag stellen. In den ersten beiden Wahlgängen braucht er mindestens zwölf Stimmen anderer Parteien. Die PDS wird wahrscheinlich für Höppner votieren. Sind aber Jastimmen aus der DVU entscheidend, will er die Wahl nicht annehmen. Im dritten Wahlgang reichen Höppner dann die 47 Abgeordneten der SPD. Danach kann er seine Minister ernennen. Höppner kündigte gestern an, sein komplettes Kabinett werde „in drei Wochen im Amt sein“.

Bereits gestern stellte Höppner „Eckpunkte“ seines Regierungsprogramms für die kommenden vier Jahre vor. Hinter den Kulissen werden bereits die Kabinettsposten verteilt. Bereits fest steht, daß der bisherige Finanzminister Wolfgang Schaefer neuer Landtagspräsident wird. Sein Amt werde jemand übernehmen, der „nicht aus der Fraktion“ kommt, hieß es aus Höppners Umfeld. Als sicher gilt, daß das 1996 zusammengelegte Umwelt- und Landwirtschaftsministerium wieder getrennt wird.

In Sachsen-Anhalts SPD ist die Stimmung seit der Entscheidung für eine Minderheitsregierung vom Dienstag gelöst. Jetzt sei „endgültig Schluß“, war der einhellige Tenor auf der SPD-Fraktionssitzung am Dienstag nachmittag, erzählen mehrere Teilnehmer. Zuvor hatte Fraktionschef Rüdiger Fikentscher von dem ergebnislosen Treffen mit dem Amtskollegen von der CDU, Christoph Bergner, berichtet. Davon, daß er die Hürde für ein gemeinsames Vorgehen gegen die DVU immer niedriger gehängt habe, aber Bergner trotzdem nicht drüberstieg.

Ein bißchen Trotz kam auf. So wurde kurzerhand der Beschluß gefaßt, es wieder mit einer Minderheitsregierung zu versuchen – nebenbei eine kleine Ohrfeige für die Christdemokraten. Denn zu diesem Zeitpunkt tagte noch der Landesvorstand, der – so hatte es Bergner ausdrücklich betont – das letzte Wort über die Gespräche mit der SPD haben sollte.

Die Nachricht vom Beschluß der SPD-Fraktion wurde Bergner von einem MDR-Reporter überbracht, genau in dem Moment, als er nach der Vorstandssitzung vor die Presse treten wollte. Dem CDU-Frontmann entglitten die Gesichtszüge. Er war verwirrt, stotterte. Etwas von „neue Lage entstanden“ murmelnd, zog sich Bergner in ein Arbeitszimmer zurück. Erst nach einer Viertelstunde war er dann zu – natürlich empörten – Statements bereit.

Auf die Mehrheitssuche für die Minderheitsregierung im künftigen Landtag blickt Rüdiger Fikentscher relativ gelassen. Die zahlenmäßigen Verhältnisse hätten sich kaum geändert. Die SPD habe jetzt so viele Stimmen wie im letzten Landtag SPD und Bündnisgrüne zusammen. CDU und DVU gemeinsam hätten jetzt auch nicht mehr als früher die CDU allein. „Wenn die PDS bei einer brisanten Abstimmung geschlossen den Saal verläßt, haben wir eine sichere, absolute Mehrheit“, so Fikentscher.

Die Angst der Bundes-SPD vor einer Rote-Socken-Kampagne der CDU ist den Genossen in Sachsen- Anhalt bewußt. Doch sie wissen, daß die Propaganda im Osten nicht ziehen wird, und glauben, daß es im Westen genauso ist. Die Chancen auf ein gutes SPD-Ergebnis in den neuen Ländern seien jetzt sogar gestiegen. Landesvorstandsmitglied Roman Dütsch ist sicher, daß ein Einknicken Höppners unter dem Druck aus Bonn die Glaubwürdigkeit zerstört hätte – mit verheerenden Folgen. „Wenn wir hier 15 Prozent Einbruch bei den Wählerstimmen gehabt hätten“, kalkuliert Dütsch, „so viele Wechselwähler, das aufzufangen, gibt es im Westen gar nicht.“

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