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Clinton sieht in Berlin herrlichen Zeiten entgegen

■ Bei seinem Staatsbesuch in Berlin lobt US-Präsident Bill Clinton Kanzler Helmut Kohl über den grünen Klee und verlangt eine Berücksichtigung der Türkei bei der europäischen Einheit

Potsdam/Berlin (taz/rtr) – Gegenseitige Beteuerungen der Freundschaft zwischen den USA, Deutschland und Europa standen gestern im Mittelpunkt des Staatsbesuchs von US-Präsident Bill Clinton in Potsdam und Berlin. Beim Staatsakt im Berliner Schauspielhaus aus Anlaß des 50jährigen Jubiläums der Berliner Luftbrücke erinnerte Clinton an die Worte Willy Brandts, daß „jetzt zusammenwächst, was zusammengehört“. Er lobte die Politik Deutschlands im allgemeinen und die von Kanzler Kohl im besonderen bei der Vereinigung des Landes.

Die Alliierten hätten sich, so Clinton, über Jahrzehnte für die Freiheit Berlins engagiert. Nun, nach dem Fall der Mauer, seien es nur noch „Grenzen der Träume“, die Barrieren setzten: „Heute ist Berlin ein Symbol dessen, was sich Europa zu werden bemüht.“ In ganz Europa hätten sich, auch dank der Hilfe Deutschlands, in den letzten Jahren mehr Freiheiten entwickelt. Clinton lobte die Friedenspolitik in Bosnien und Nordirland. Doch in Bosnien, im Kosovo wie auch auf Zypern gebe es noch Friedensgefahren, die es zu bekämpfen gelte. Ebenso gelte es, gegen Ungleichheit, Intoleranz und Rassismus zusammenzustehen.

Ziel dieser Generation müsse es sein, ein vereinigtes Europa nach dem Vorbild der Vereinigung Deutschlands zu erreichen, sagte der US-Präsident in seiner Grundsatzrede. Dabei nannte er ausdrücklich auch die Türkei als Teil Europas und der europäischen Vereinigung. Wenn es in diesem Kontinent mehr Frieden gäbe, dann nützte das auch den Amerikanern, sagte Clinton. Deshalb begrüße er Europas Weg in eine gemeinsame friedliche Zukunft. Dazu gehöre auch die Nato-Osterweiterung, bei der erstmals neue Demokratien aus Osteuropa in das Bündnis integriert werden.

Bundeskanzler Helmut Kohl rief Europa und die Vereinigten Staaten dazu auf, in enger Zusammenarbeit Frieden und Stabilität auf beiden Kontinenten zu sichern. Die europäische Einigung eröffne die Chance, unter Einbeziehung Rußlands „eine Sicherheitsarchitektur für unseren ganzen Kontinent zu entwerfen“. Um dies zu erreichen, müßten Europäer und Amerikaner eng kooperieren, sagte Kohl.

Auch Bundespräsident Roman Herzog würdigte die deutsch-amerikanischen Beziehungen als einen „Eckstein“. Beim Zander-Abendessen zu Ehren Clintons im Berliner Hotel Adlon rief Herzog dazu auf, der Partnerschaft zwischen den USA und Europa eine neue Qualität zu geben. Zuvor durfte Clinton als erster Gast seit 125 Jahren im Potsdamer Schloß Sanssouci speisen. Das offerierte „königliche Diner“ – Perlhuhn als Vorspeise, Zander (!) als Hauptgericht – orientierte sich an den kulinarischen Vorlieben von Friedrich dem Großen. Was gekrönten Häuptern in diesem Jahrhundert vorenthalten wurde – für Clinton machte die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten „die ganz große und einmalige Ausnahme“. Letztmals speiste die 1873 verstorbene Elisabeth I. auf Sanssouci.

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