: Doch Hort-Wahlrecht in Treptow
BVV kippte Bezirksamtsbeschluß, den offenen Ganztagsbetrieb in Treptower Schulen auszutrocknen. Grüne, PDS und SPD stimmten gegen CDU-Konzept ■ Von Marina Mai
Eine Sonder-BVV in Treptow kippte in der vergangenen Woche teilweise den Bezirksamtsbeschluß, künftig LernanfängerInnen auch gegen den Elternwillen in den Kitahort und nicht in den Schulhort zu schicken. Nur noch einem kleinen Teil der Treptower Grundschulen wird nach dem Willen der Bezirksverordneten im kommenden Schuljahr ein offener Ganztagsbetrieb für LernanfängerInnen verweigert. Der Kompromiß zwischen Bündnisgrünen und SPD könnte aber durch das Bezirksamt dort gekippt werden, wo schon Verträge mit den Eltern geschlossen sind.
Treptows Jugendstadtrat Joachim Stahr (CDU) schäumte vor Wut. Er hatte den offenen Ganztagsbetrieb an den Treptower Schulen austrocknen und den Kindern statt dessen Kitaplätze anbieten wollen. Damit wollte er Kitaerzieherinnen im Personalüberhang wieder auf regulären Stellen beschäftigen. Der Personalüberhang bei Kitaerzieherinnen kostet die Bezirkskasse 1,15 Millionen Mark. Daß statt ihrer Horterzieherinnen in den Personalüberhang müßten, interessiert den Bezirkspolitiker nicht: Die sind Mitarbeiterinnen des Landesschulamtes und werden vom Land bezahlt.
Den Bezirksamtsbeschluß, der im April gefaßt wurde, ohne daß die zuständigen BVV-Gremien darüber entschieden hatten, hatte auch Schulsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) für rechtswidrig erklärt: „Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, zwischen Einrichtungen und Diensten verschiedener Träger zu wählen.“ Stahmer hatte das Bezirksamt aufgefordert, den Beschluß rückgängig zu machen. Das Vorhaben war auch unter Treptower Eltern und Erzieherinnen auf scharfe Proteste gestoßen. 150 Betroffene hatten vor dem Rathaus demonstriert. Bündnisgrüne und PDS warfen dem Bezirksamt „Selbstherrlichung“ vor: Es stelle eigene Interessen über die der Kinder. Die PDS stellte sich offen gegen ihre eigene Schulstadträtin Angelika Buch, die das CDU-Konzept „aus Verantwortung für das Ganze“ mitgezeichnet hatte.
Der bündnisgrüne Fraktionssprecher Michael Diehl erklärt: „Etliche Kitas erwiesen sich deutlich weniger geeignet, Schulkinder zu betreuen, als die Schulhorte.“ Zudem zweifelten die Bündnisgrünen die vom Jugendamt behaupteten Einsparungen an. In vielen Kitas müßten die auf zwei- bis fünfjährige Kinder ausgerichteten Sanitärbereiche aus bezirklichen Mitteln komplett umgebaut werden, wenn sie von Sechs- bis Zehnjährigen genutzt werden sollen. Die konkrete Analyse der Grünen fand unter SPD-Bezirksverordneten, die ursprünglich das Bezirksamtskonzept mitgetragen hatten, ein offenes Ohr. Die Grünen sind der SPD ein Stück weit entgegengekommen. Ursprünglich wollten sie den offenen Ganztagsbetrieb für alle Grundschulen aufrechterhalten. SPD und CDU hätten mit ihrer rechnerischen Mehrheit diesen Antrag scheitern lassen.
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