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Ökos auf Geschmack gekommen

Die ÖkowinzerInnen sind professioneller geworden. Qualitativ und geschmacklich kann ihr Wein längst mithalten. Trotz schicker Weinproben stagniert der Markt jedoch  ■ Von Danièle Weber

Stuttgart (taz) – Ökowein genießt so mancherorts einen ähnlichen Ruf wie Vollwertkost: Er mag gesund sein – schmecken tut er nicht. Das war einmal, sagen VertreterInnen der Branche und versuchen mit gezielten Aktionen, ihr Produkt sowohl dem breiten Publikum als auch den wahren WeinkennerInnen näherzubringen.

Weinpräsentationen abseits der eingefleischten Ökoszene stehen deshalb auf dem Programm: Ein Stand auf der großen internationalen Weinmesse „Intervitis“, die am Wochenende in Stuttgart zu Ende ging, gehört ebenso dazu wie die „kleine Öko-Weinmesse“, die am Freitag in der baden-württembergischen Akademie für Natur- und Umweltschutz stattfand.

Zur Weinprobe im vornehmen Ambiente hatte man sich die Unterstützung der von Paul Bocuse gegründeten Vereinigung Europäischer Spitzenköche, „Eurotoques“, geholt. In einer Union des „guten Geschmacks“ wurden Weine in erlesener ökologischer Qualität und Häppchen gereicht.

„Wir können uns mit den großen Weinen messen“, verkündete die Geschäftsführerin vom Bundesverband Ökogischer Weinbau (BÖW), Marianne Knab. Inzwischen habe sich der ökologische Wein auch offizielle Anerkennung gesichert. Auf der Intervitis, wo sich traditionell deutsche Weinbaugebiete mit ihren besten Weinen präsentieren, waren in diesem Jahr bei vier Regionen auch Ökoweine vertreten. Der französische Weinguide Gault-Millau führt in seiner 98er Ausgabe immerhin 13 deutsche Ökowein-Betriebe auf. „Das zeigt, daß Ökoweinbau und Weinqualität sich nicht widersprechen“, meint Randolf Kauer, der von der Gault-Millau-Jury mit seinem Weingut am Mittelrhein immerhin 16 von 20 möglichen Punkten erhielt.

Der Qualitätssprung des Ökoweins wird vor allem darauf zurückgeführt, daß die Kunst der Weinkellerei heute mehr gepflegt werden kann. Früher, so Kauer, habe für viele Ökowinzer das Know-how des umweltschonenden Anbaus im Vordergrund gestanden. „Es nutzt jedoch nichts, wenn im Weinkeller verbockt wird, was zuvor draußen im Wingert gut gemacht worden war“, sagt Randolf Kauer, der ebenfalls wissenschaftlicher Mitarbeiter am Weinbauinstitut in Geisenheim ist.

Er warnt vor der Behauptung, ökologischer Wein sei für den Menschen gesünder als konventioneller Wein. Da der Großteil der Schadstoffe ohnehin in den Preßrückständen zurückbleibt, sind im gefilterten Wein kaum Unterschiede auszumachen. Das hatten auch Rückstandsuntersuchungen in Geisenheim ergeben.

Sorgen bereitet den Ökoweinbauverbänden zur Zeit, daß die Branche in den letzten Jahren kaum gewachsen ist. Zu den rund 300 Weinbaubetrieben, die in Deutschland etwa 1.500 Hektar ökologisch bewirtschaften, kamen kaum neue hinzu – der Anteil der Ökowingerten an der bundesweiten Weinbaufläche stagniert bei 1,5 Prozent. „Der Markt muß erst erschlossen werden, dazu gehört viel Überzeugungsarbeit“, erklärt Marianne Knab. Immerhin jede zweite Flasche Ökowein, die hierzulande über den Ladentisch geht, wird importiert. Die deutschen Ökobetriebe bleiben jedoch keineswegs auf ihrer Ware sitzen: „Viele Betriebe sind nahezu ausverkauft“, hieß es am Freitag in Stuttgart.

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