: Grüne Frauen loben sich über den Klee
■ Die grünen Frauen trafen sich zur Bundesfrauenkonferenz und attestierten sich wieder einmal, das bessere Geschlecht zu sein
München (taz) – Bonn honoriert Machos: austeilen, einstecken, an Stühlen sägen, Seilschaften stricken, hart sein und lächeln – wenn es nur dem Machterhalt dient. Dabei, meint Bärbel Höhn, grüne Ministerin in Nordrhein- Westfalen, sei Politik mit Frauen doch viel interessanter: „Die Männer sitzen immer nur in ihren grauen Zweireihern da. Die Frauen haben nicht nur bunte Sachen an, sie haben auch die besseren Ideen.“
Und glauben wir Gunda Röstel, der Sprecherin des grünen Bundesvorstandes, gibt es nach dem Fünf-Mark-Debakel der Grünen erstens wieder Hoffnung für die Partei, und zweitens sei diese Hoffnung maßgeblich den Frauen zu verdanken: „Trotz gelegentlicher Macho-Spiele in den sogenannten Chefetagen haben Frauen die Grünen bereits so geprägt, daß sich Offenheit und Nachdenklichkeit zunehmend durchsetzen, daß die Fähigkeit zur Selbstkritik und Veränderungsbereitschaft bei uns viel Raum erhielten“ – und nur so hätten die Grünen „eine der schwersten Phasen unserer Parteigeschichte abgeschlossen“.
Es wurde also viel Mut gemacht bei der diesjährigen Bundesfrauenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen in München: einerseits der Partei, die sich trotz aller Selbstbeschwichtigung immer noch um ihre Sitze im Bundestag sorgen muß. Andererseits den grünen Frauen, die in der Öffentlichkeit neben dem Oberguru Joschka Fischer oft kaum wahrgenommen werden, die sich mit einer neuen Diskussion um die Abschaffung der Quote auseinandersetzen müssen, deren frauenpolitisches Kapitel aus dem verkürzten Wahlkampfprogramm der Grünen verschwunden ist und die sich – so Gott und WählerInnen wollen – im Herbst mit einem Koalitionspartner Gerhard Schröder zusammenraufen müssen, der im eigenen Land gerade eben das Frauenministerium abgeschafft hat. Auch wenn er als „Heiratskandidat“, wie mehrmals betont wurde, gar nicht so indiskutabel sei.
Was macht schon mehr Mut als kräftige Sprüche? Kerstin Müller, Sprecherin der Bundestagsfraktion, wurde nicht müde zu wiederholen, die Grünen seien „bereit“, hätten „gute Konzepte“ und könnten „den Machtwechsel und den Politikwechsel erreichen“. Und an Joschka Fischer, „diesem Mann – oder Tier“, müsse sie sich nicht messen.
Umweltministerin Bärbel Höhn: „Unsere nächste Forderung muß sein, das Frauenressort mit dem Wirtschaftsressort zu verknüpfen!“ Applaus, Gejohle. Solche Sprüche kommen bestens an. Aber bis zur „Machtergreifung“ (bayerische Bundestagskandidatin Ekin Delingöz) wird wohl noch etwas Zeit vergehen, und auch die aktuellen Machtpositionen verlangen von Frauen einen strategischen Umgang mit dem Macho- System Politik. Oft sei es für Frauen schwer, Konflikte offensiv auszutragen, meint Angelika Birk, Ministerin in Schleswig-Holstein. Aber: „Konkurrenz darf nicht geleugnet werden. Frauen finden neue Wege, Konflikte humaner zu lösen – das ist eine historische Aufgabe. Frauen probieren sich da aus. Ich finde das spannend.“
Wie man so etwas lerne, will Mona-Lisa-Redakteurin Conny Hermann wissen. „Learning by doing und darüber nachdenken“, antwortet Birk. Und während Kerstin Müller unter dem Applaus der Anwesenden noch einmal betont, daß die Quote erstens bleiben muß und zweitens eine Mindestquote ist, schlägt Krista Sager, zweite Bürgermeisterin in Hamburg, etwas leisere Töne an: „Es hilft nichts zu sagen, daß Frauen die besseren sind. Gleichberechtigung ist erst erreicht, wenn genauso viele mittelmäßige Frauen in der Politik sind wie mittelmäßige Männer.“ Keine Sorge, in dieser Hinsicht herrscht bei den Grünen schon fast Normalität. Stefan Kuzmany
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen