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Junkies an die Arbeit

Sozialbehörde richtet Beschäftigungsprogramm für Abhängige ein. Senatorin Roth (SPD): Junkies nur zu versorgen ist Entmündigung  ■ Von Silke Mertins

Im gelben Blümchenkleid rauschte Sozialsenatorin Karin Roth (SPD) gestern durch die Fahrradwerkstatt des Drogenhilfeträgers jugend hilft jugend in Eimsbüttel. Dort schraubt der 40jährige Nima an einem abmontierten Rad herum. „Bringt Ihnen das hier etwas?“ fragt Roth. Der Iraner nickt. „Ich muß mich langsam wieder an einen Arbeitsplatz gewöhnen, und dieser Job ist ein guter Anfang.“ Denn seit 1993 hat der Drogenabhängige nicht mehr gearbeitet. Waffenschmied hat er in Teheran gelernt. Doch in Deutschland, in das er vor 12 Jahren einwanderte, kann er damit nichts anfangen. Mit seiner Arbeitszeit von 8 bis 13 Uhr kommt er gut zurecht. Zusätzlich kann er die Therapieangebote der Einrichtung in Anspruch nehmen.

Nima ist einer von 86 ausstiegswilligen Junkies, die in dem neuen Beschäftigungsprogramm „Zeitfluß“ der Sozialbehörde, das speziell auf Drogensüchtige zugeschnitten ist, eine Arbeit bekommen haben. Paßgenau sollen Abhängige in Jobs vermittelt und betreut werden: Innerhalb der Drogenhilfeeinrichtungen, der Beschäftigungsgesellschaften und später auch in der Privatwirtschaft – je nach Belastbarkeit und Fähigkeit des einzelnen. Möglich wurde das Programm, das auf 250 Plätze ausgebaut werden soll, durch „Reservierungen“ der Arbeitsbeschaffungsmittel für diese Zielgruppe.

„Es ist auf unkomplizierte Weise gelungen, einen Schritt in Richtung Integration zu tun“, freut sich die Senatorin. Die Beschäftigungsmöglichkeiten dienten dazu, den Ausstieg zu erleichtern. „Drogenkranke Menschen dürfen nicht auf ihre Suchtprobleme reduziert werden.“ Man müsse sie auch fordern. „Jede bedingungslose Überversorgung bedeutet Stillstand oder gar Rückschritt und letztlich Fremdbestimmung.“

Damit schließt sich die Senatorin der Position ihres Drogenbeauftragten Horst Bossong an, der das Programm vor genau einem Jahr anschob und für seine Argumente viel Kritik einstecken mußte. Er hatte bemängelt, daß den Junkies teilweise von der Drogenhilfe alles abgenommen und sie dadurch „regelrecht entmündigt“ würden. „Die packen die Abhängigen in Watte und tragen ihnen noch bequeme Sitzkissen hinterher.“ Statt dessen müßten Anreize geschaffen werden, das Leben wieder selbst in die Hand zu nehmen.

„Zu einem eigenständigen Leben gehört, Leistungen zu erbringen und Forderungen an den einzelnen zu stellen“, sagte auch Kai Wiese von jugend hilft jugend gestern. „Nur so werden Individuen ernstgenommen.“ Der Bedarf an einfachen Jobs sei auf beiden Seiten durchaus vorhanden. Es sei ein Fehler gewesen, „jede Beschäftigung unter einer C3-Professur als menschenverachtend anzusehen“. Perspektivisch sollen Drogenhilfe und Beschäftigungsträger künftig nicht mehr nebeneinander herlaufen, sondern „in enger Verzah-nung“ zusammenarbeiten.

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