Wohnsicherheitstrakte auch in Berlin im Kommen

■ In den USA leben bereits acht Millionen Menschen in „Gated Communities“. In Berlin wird vor allem mit dem „Doorman-Konzept“ geworben. Über soziale Folgen der Abriegelung aber wird geschwiegen

Für die Bassmann Bau AG ist Berlin auf dem besten Weg zur Metropole. „Was in Weltstädten wie New York, Paris, Rom oder London nicht mehr wegzudenken ist“, heißt es in einem Werbetext der Baufirma, „wird es nun auch in Berlin geben.“ Was die Firma Bassmann darunter versteht, erschließt sich freilich erst, wenn man einen Blick auf deren Produkt wirft: das „Doormann-Konzept“. „24 Stunden täglich – Service und Sicherheit“ verspricht nicht nur die „persönliche Präsenz des Security- Teams“, sondern auch den Einsatz von Überwachungskameras, um „den Zugang von ungebetenen Gästen zu verhindern“ sowie „das Displaysystem des Klingeltableaus mit numerischer Tastatur, das die Klingelschilder mit Namenskennzeichnung ersetzt und so die Privatsphäre sichert“.

Mit dem aus den USA stammenden Doorman-Konzept liegt die Bassmann Bau AG ganz im Trend. Schließlich versäumen es Politiker und Polizei nur selten, Berlin als Metropole in Szene zu setzen – als Metropole des Verbrechens. Und weil Angst und Sicherheitsbedürfnis sich meist gegenseitig hochschaukeln, greifen die Projektentwickler immer öfter auf amerikanische „Lösungen“ des „sicheren Wohnens“ zurück: von Doorman-Konzepten und Überwachungstechnik wie bei der Luxuswohnanlage in der Charlottenburger Dovestraße 9 bis hin zu sogenannten „Gated Communities“, eingezäunten Wohnanlagen, wie in der „Residenz Prenzelberg“.

„Gated Communities“, beschreibt die an der Humboldt-Universität forschende Stadtsoziologin Christine Hannemann diesen Trend, „werden in Zukunft an Bedeutung zunehmen, nicht nur als Amerikanisierung der Stadt, sondern auch der Wohnstile.“ Doch anders als in den USA, wo nach Schätzungen der Soziologen Edward Blakely und Gail Snyder bereits acht Millionen Menschen in hermetisch abgezäunten Wohnanlagen leben, gibt es hierzulande noch keine Debatte über die sozialen und urbanen Konsequenzen dieses Trends. Weder können Bauämter und Senatsverwaltungen Angaben über die Anzahl der fertiggestellten und geplanten Wohnsicherheitstrakte machen, noch wird das Thema in der Öffentlichkeit kritisch diskutiert. Selbst in Stadtsoziologie-Seminaren werden „Closed Areas“ und „Gated Communities“ fast nur im amerikanischen und nicht im heimischen Kontext besprochen.

Als einziger Anhaltspunkt bleibt deshalb ein Blick in die Broschüren der Investoren. „Safety first bis unters Dach“, wirbt zum Beispiel die Stadtsparkasse Köln für das „Zukunfts-Milljöh“ am „kleinen Alex“. Dieser Neubaukomplex an der Kleinen Alexanderstraße mit seinen 160 Wohnungen und den Wohnungstypen „Empire“, „Triplet“, „Ecotwin“ und „Duopart“, so die Sparkasse Köln als Verkäufer, biete „alles, was Mieter wünschen: personenbewachter Hauszugang mit Sicherheitsservice (Doorman), mit videoüberwachten Parkanlagen und Tiefgaragenbereichen“, wie auch in der Residenz Prenzelberg oder im von der SBB-Stadtprojekte initiierten Checkpoint Plaza. Zusätzlich seien alle Wohnungen mit Videomonitoren vor dem Hauseingangsbereich ausgestattet. „Besuchern ist der Zutritt nur über Anmeldung am personenbewachten Eingang gestattet, wo sie freundlich vom Doorman empfangen und nach telefonischer Bestätigung nur Zutritt zu dem Haus erhalten, in dem sie auch erwartet werden.“

Save New World – das gilt mittlerweile nicht nur für die SBB- Stadtprojekte, sondern auch bei Berlins Großbauherren Groth und Graalfs. So bietet die Wohnanlage „Arkadien“ am Glienicker Horn an der Grenze zwischen Potsdam und Berlin nicht nur ein luxuriöses Ambiente, sondern auch ein Höchstmaß an Sicherheit. Wer sich dem Tor zu „Arkadien“ nähert, wird sofort vom Wachschutz empfangen. Nirgendwo sonst wird „Unbefugten“ das „Betreten verboten“ mit einer solchen Entschiedenheit signalisiert wie dort.

Je größer freilich die Abschottung nach außen, desto größer wird die Furcht vor einem Versagen von Sicherheitstechnik oder -personal. Zwar wird in absehbarer Zeit keiner der Investoren auf die Idee kommen, die Zäune der „Gated Communities“ wie in den USA unter Strom zu setzen. Und auch die Weigerung vieler Bewohner solcher Siedlungen, etwa für den Unterhalt öffentlicher Straßen oder die Polizei Steuern zu zahlen, wäre hier noch undenkbar. Doch soziale Auswirkungen dieser, wie es der amerikanische Stadtforscher Mike Davis einmal gesagt hat, „Ökologie der Angst“ sind auch in den Berliner Wohnsicherheitstrakten bereits spürbar. In der Wahrnehmung der Bewohner der „Residenz Prenzelberg“ spielt das umliegende Wohnquartier keine Rolle. Dabei gibt es, wie es die US- Autoren Blakely und Snyder unter der griffigen Formel „No social Contract without social Contact“ zusammenfassen, ohne soziale Kontakte auch keine Stadtgesellschaft. In den hermetischen Wohnvierteln der Reichen hat vielmehr der urbane Autismus der Vorstädte auch die Innenstädte ergriffen, auch wenn die Stadtsparkasse Köln in der Kleinen Alexanderstraße „das Berliner Milieu, die Nachbarschaft, die Menschlichkeit, das sich untereinander Kennen, das Miteinander Reden, Austauschen und das Gefühl der Geborgenheit und des Beschütztseins“ preist. Uwe Rada