: Die Elfmeterlotterie verloren
■ Tennis Borussia, der reichste Verein der Regionalliga, verliert das Aufstiegsduell gegen Hannover 96. Letzte Chance für TeBe in der Trostrunde gegen Siegen und Offenbach
Noch am vorigen Donnerstag hing der Fußballhimmel für Tennis Borussia Berlin voller Geigen. 2:0 wurde der Rivale Hannover 96 im ersten Aufstiegsspiel zur 2. Bundesliga im Mommsenstadion besiegt. Für TeBe-Präsident Kuno Konrad schien die Sache klar: „Die Tür zur 2. Liga steht sperrangelweit offen.“
Doch am Sonntag – peng! – schlugen die Niedersachsen den Berlinern das Portal zur Profiklasse vor der Nase zu. Mit 3:1 besiegte Hannover 96 vor 50.000 enthusiastischen Zuschauern in der Leine-Metropole die entnervten Berliner Borussen im Elfmeterschießen, nachdem 96 am Ende der regulären Spielzeit den 0:2-Rückstand aus dem Hinspiel egalisiert hatte.
„Herzlichen Glückwunsch an Hannover!“ bemühte sich TeBe- Coach Hermann Gerland um eine sportlich faire Haltung, aber dann brach es aus ihm heraus: „Ich weiß auch nicht, weshalb der Schiedsrichter unser Tor nicht anerkannt hat.“
Referee Jürgen Aust (Köln) hatte in der Verlängerung einen Treffer des TeBe-Stürmers Thomas Adler abgepfiffen – warum, weiß niemand! Nicht einmal die Gastgeber hatten Anzeichen gemacht, die Legalität des Torschusses zu bezweifeln, der den Aufstieg des Charlottenburger Favoriten in die heißersehnte zweithöchste Spielklasse bedeutet hätte. Statt dessen entschied die folgende Elfmeter-Lotterie – gegen die Gäste.
Für die Borussen könnte sich der Austsche Mißton als folgenschwerer Lapsus herausstellen, denn die mit 14,5 Millionen Mark Saisonetat angetretenen Finanzrekordhalter aller 72 bundesdeutschen Regionalligisten drohen wie schon 1996 erneut zu scheitern. Damals wurden die hochfliegenden Pläne von Oldenburg verhindert.
Der kostspielige Fahrplan ins Profilager – im Jahre 2000 wollte Tennis Borussia bereits in der ersten Liga antreten – scheint nach der Niederlage gegen Hannover (Etat: 6,5 Millionen Mark) kaum noch einzuhalten. Es sei denn, die Gerland-Elf kann die letzte Aufstiegschance, die ihr die Deutsche Amateurmeisterschaft bietet, nutzen.
Am Pfingstsonntag müssen die Loser von der Spree in Offenbach antreten. Die Kickers aus Hessen, die ihr Auftaktmatch in Siegen hoch mit 0:4 verloren, sind weniger wegen ihrer Spielstärke als vielmehr durch die Hexenkessel-Atmosphäre ihres Stadions am Bieberger Berg gefürchtet. Auch dort ist in der Vergangenheit schon manche Schiedsrichterpfeife zur Unzeit losgegangen.
Sollten die Tennis-Borussen dieses „Stahlbad“ siegreich überstehen, dann käme es eine Woche später im Charlottenburger Mommsenstadion zum alles entscheidenden Aufstiegsendspiel gegen die Sportfreunde aus Siegen. Jürgen Schulz
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen