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Menschenleere Märkte

■ Streiks im Einzelhandel gehen weiter. Karstadt-Urabstimmungen heute beendet

Die Gewerkschaft Handel, Banken und Versicherungen (HBV) hat gestern ihre Streiks im Hamburger Einzelhandel ausgeweitet. Einen Tag vor den Tarifgesprächen mit den Arbeitgebern legten 500 Beschäftigte der Warenhäuser „Real“ in Lurup sowie der beiden „Conti“-Märkte am Berliner Tor und auf St. Pauli die Arbeit nieder. Spontan schlossen sich auch 150 Beschäftigte des „Edeka-Center“ in Eidelstedt den Streiks an.

Trotz des Drucks durch die Arbeitsniederlegungen rechnen die Gewerkschaften heute nicht mit einer Einigung im Tarifkonflikt. Denn während sie 4,5 Prozent mehr Gehalt verlangen – oder monatlich mindestens 150 Mark mehr für alle Angestellten –, bieten die Einzelhändler den 72.000 Verkäufer- und KassiererInnen nur 1 Prozent Lohnerhöhung.

Die Mitstreiterin der HBV, die Deutsche Angestelltengewerkschaft (DAG), konzentrierte sich in den vergangenen Tagen auf Urabstimmungen in den „Karstadt“-Filialen Barmbek, Harburg, Bramfeld und Eimsbüttel. Die Voten sollen heute beendet sein; bei „Karstadt“ in Langenhorn haben bereits 76,5 Prozent der Befragten für Streik gestimmt. Also kann nächste Woche auch in den Kaufhäusern der Arbeitskampf beginnen.

Die Gewerkschaften setzen dabei auch auf die Solidarität der VerbraucherInnen: „Bitte kaufen Sie nicht in den mit Notmannschaften besetzten Einzelhandelsbetrieben“, appellierte HBV-Sprecher Lutz Eilrich an die Kunden. Vor „Conti“ in St. Pauli gaben die Streikposten gestern unentschlossenen Einkäufern sogar Tips. „Auf dem Schulterblatt gibt's einen Penny-Markt“, so der Rat einer „Conti“-Mitarbeiterin, „der ist auch billiger.“ Dennoch konnten die Verkäuferinnen nicht verhindern, daß durch herangekarrte Aushilfen vereinzelt KundInnen bedient wurden.

Beim gemeinsamen Streikfrühstück im Gewerkschaftshaus wurden daher Forderungen nach einer „härteren Gangart“ laut. Die Streikaktionen vor geöffneten Häusern sollten verschärft werden, zum Beispiel durch Blockaden der Eingänge mit Menschenketten. Der wirtschaftliche Schaden, so das Ziel, müsse für die Einzelhändler spürbarer werden.

Kai von Appen

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