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Bambi auf dem Grill

■ Erstaunlich leichthändig, wirklich gelungen und dabei nicht einmal banal: Die Komödie „Der Kinderhasser“ (Samstag, 20.15 Uhr, RTL)

Daß Medien lügen, weiß man ja, aber dies hier scheint ein besonders perfider Fall. „Der Kinderhasser“ Adrian moderiert eine populäre Kindersendung – welch unglückliches Zusammentreffen. Adis Limousine ist zwar mit einem Kinder-Frühwarnsystem ausgestattet, allein das nützt ihm überhaupt nichts. Überall lauern die kleinen Monster. Erschöpft kriecht der Mann durch die Hintertür ins Studio. Der Soundtrack dazu: „Psycho“.

Achtung, sogleich erfolgt Distanzverlust: Wie hübsch! Bezaubernd! Gelungen! Leichthändig! Und nicht einmal banal! Wir ham uns amüsiert wie Bolle – nämlich prächtig, und das macht ja so dankbar. Regisseurin Maria Theresia Wagner zeigt die neuen komischen Leiden des jungen A. Mental betrachtet, hält sich Adrian eher für einen Action- Star; er trägt sogar einen Kung- Fu-Pyjama. Wie gern würde Adi in „Würg langsam – jetzt erst recht“ mitspielen. 67 Tote! Man grient, man kichert, man lacht.

Und das liegt am erstaunlichen Einklang von Regie (Maria Theresia Wagner) und Drehbuch. Unsereins ahnte schon beim zweiten Satz, daß letzteres unbedingt auf das Konto von Michael Illner (auch Koautor diverser Berlin- Krimis) gehen muß. Illner stammt aus der DDR und ist ein begnadeter Volkshumorist vor dem Herrn: „Noch ein Spruch – Knochenbruch / noch so'n Ding – Augenring!“

Es verhält sich mit dieser Komödie natürlich so, daß der Kinderhasser nur ein angeblicher ist und seine Wandlung zum Kinderfreund durch eine prinzessinnengleiche Waisenhausleiterin (feintonig: Johanna Christine Gehlen) herbeigeführt wird. „Darf ich Sie zu einem Kiefernnadeltee in mein Zelt einladen?“ flüstert Adi. Dann Kondome mit Thunfischaroma, „mal was anderes“. Ach, sehen Sie sich's doch einfach selbst an!

Hauptdarsteller Marco Rima ist nicht entgangen, daß die elastische Mimik von Robin Williams und Jim Carrey Anklang findet – aber das macht nichts, gar nichts sogar, und Dieter Krebs gibt als Fernsehfritze einen Ia-Sidekick. Phantasie- und Phantadu, Poesie, zarte Zauberei und viel feine Selbstironie – was haben wir diese 90 Minuten doch genossen! Anke Westphal

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