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Klaglose Medien

■ Warum die voyeuristischen Medien nach dem Bahnunglück keine Chance hatten

Bremen (taz) – Hundert Meter vor der Bahnlinie ist Schluß. Klaglos gehorchen die Reporter den Polizisten. Auch die stärksten Teleobjektive können keine Bilder von zerfetzten Leichen einfangen. Neben der Auffahrt zur Brücke erkennt man die Spitze des Trümmerhaufens und die dahinter aufragenden Bergungskräne.

Findige Fotografen haben die andere Seite der Bahnstrecke als optisch lohnenderen Standort entdeckt. Von einem Acker ist die Scharte zwischen den Brückenrampen einzusehen. Aber die Einsatzkräfte waren schneller und haben weiträumig abgesperrt. Darum sind alle Reporter versessen darauf, am Donnerstag mittag an der organisierten Tour an die Strecke teilzunehmen. „Wir müssen unbedingt mit“, mault ein RTL-Reporter, als sein Team keinen Platz mehr auf dem Lastwagen bekommen hat. Kurze Verhandlungen: Er und andere dürfen mit ihren eigenen Autos mitfahren. Nur die allerersten Reporter haben wirklich Überlebende gefunden und die von Helfern geschilderten Bilder herumliegender Leichenteile und verstreuter Habe gesehen. Ein Journalist der Celler Lokalzeitung war mit den ersten Rettern am Ort und hat eine verwirrte, aber fast unverletzte 17jährige versorgt und in die Obhut der Sanitäter übergeben. Voyeure des Schreckens hatten keine Chance. Angehörige der Opfer wurden abgeschirmt. In vorderster Front herrschte Zurückhaltung. Ein älteres Paar, das von Polizisten durch die Absperrung zur Unglücksstelle geführt wurde, blieb unbehelligt, obwohl es sich dabei offenbar um Angehörige handelte. Die neuesten Informationen über die Ursache nahmen schon am Donnerstag nachmittag nicht mehr den Weg über die örtliche Einsatzzentrale, sondern sickerten über Polizeizentralen und das Bundesverkehrsministerium nach draußen. Über die Zentralredaktionen erfuhren auch die Reporter in Eschede davon. Joachim Fahrun

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