: Gericht kratzt nicht an Kraetzer
■ Die Wahl von Reinhard Kraetzer (SPD) zum Bezirksbürgermeister von Prenzlauer Berg war Rechtens. Innenverwaltung hatte zuvor die Wahl des PDS-Kandidaten Kleinert annulliert
Die Wahl des SPD-Politikers Reinhard Kraetzer zum Bezirksbürgermeister von Prenzlauer Berg im März 1996 war rechtmäßig. Zu dieser verspäteten Erkenntnis kam gestern die 26. Kammer des Verwaltungsgerichts. Gegenstand der Verhandlung war eine Entscheidung der Innenverwaltung vom Januar 1996, mit der die Wahl des PDS-Kandidaten Burkhardt Kleinert aufgehoben worden war. Gegen diese Entscheidung hatte die BVV Prenzlauer Berg Klage erhoben.
Hinter der vermeintlichen Bezirksposse verbarg sich damals ein handfester politischer Streit. Mit aller Macht versuchten damals die Fraktionen von CDU, SPD und Bündnis Prenzlauer Berg einen PDS-Bürgermeister zu verhindern. Da der PDS als stärkster Fraktion in der BVV allerdings das Vorschlagsrecht zustand, blieb den anderen Fraktionen nur, eine Zählgemeinschaft zu bilden, um ihrerseits das Vorschlagsrecht zu erhalten. Zugleich sprachen sich aber die Fraktionen von SPD und Bündnis Prenzlauer Berg für ein konkurrierendes Verfahren aus, bei dem die Bezirksverordneten über beide Kandidaten gleichzeitig abstimmten.
Genau dieser Unterschied stand gestern zur Verhandlung. Weil Kleinert im direkten Vergleich mit Kraetzer mehr Ja- als Neinstimmen erhalten hatte, wurde er im Dezember 1996 von der BVV zum Bürgermeister ernannt. Aus demselben Grund freilich setzte die Innenverwaltung Kleinert wieder ab. Ein konkurrierendes Verfahren sei nicht zulässig, so die Begründung. Abgestimmt werden könne nur über einen Kandidaten – den der stärksten Fraktion oder den der Zählgemeinschaft.
Dieser Rechtsauffassung folgte gestern – kaum überraschend – auch die 26. Kammer. Selbst ein Schreiben der Innenverwaltung von 1992, mit dem konkurrierende Kandidaturen ausdrücklich zugelassen wurden, spielte da keine Rolle. Schließlich, so erklärte gestern der Vertreter des Innensenators, sei diese Auffassung 1995 wieder korrigiert worden. Und der Vermutung des PDS-Fraktionsvorsitzenden Michael van der Meer, daß es da weniger um eine Korrektur der Gesetzeslage als um eine politische Entscheidung ging, wollte der Vorsitzende Richter der Kammer nicht folgen.
Als Trost bleibt der PDS allerdings, daß das Gericht der BVV als Bezirksorgan gestern ausdrücklich eine Klageberechtigung einräumte. Zuvor waren solche Konflikte gar nicht erst zur Verhandlung gekommen. Der Grund: Sowohl bei den Bezirken als auch der Senatsinnenverwaltung handele es sich um Organe des Landes Berlin. Und diese könnten nicht gegeneinander klagen. Uwe Rada
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