: Auf die Straße für radikale Reformen
■ Linkes Bündnis organisiert Demo am 20. Juni in Berlin: Für eine andere Politik, gegen Kohl
Berlin (taz) – Eine „Großdemonstration“ soll es werden. 60.000 ProtestlerInnen am 20. Juni nach Berlin zu locken, hat Horst Schmitthenner vom IG-Metall- Vorstand als Ziel ausgegeben. Neben Gewerkschaftern mobilisieren Erwerbslosengruppen, PfarrerInnen, StudentInnen und alle möglichen Gruppen des linken Spektrums. Unter dem Slogan „Gemeinsam für soziale Gerechtigkeit und Demokratie. Gegen Rassismus und Ausgrenzung“ treten sie an, um die Regierung Kohl bei den Wahlen zu stürzen.
Doch nicht nur das. „Eine neue Regierung macht nicht automatisch eine neue Politik“, weiß Elke Breitenbach vom Berliner Vorbereitungsbüro. Das Oppositionsbündnis will die SPD, Bündnisgrüne und PDS von links unter Druck setzen. Dabei orientiert man sich an den Forderungen der Erfurter Erklärung, die mehrere Dutzend linker und liberaler Intellektueller und PolitikerInnen im Januar 1997 veröffentlichten. Ganz ausdrücklich wird die PDS nicht aus dem Kreis der reformatorischen Kräfte ausgeschlossen.
IG-Metall-Funktionär Schmitthenner bezeichnet die geplante Demonstration als „wertvolle Ergänzung“ der bereits angelaufenen Gewerkschaftskampagne gegen die CDU-FDP-Regierung. Beides markiert auch ein viel höheres Maß des Überdrusses an der Regierung Kohl als bei den vergangenen Bundestagswahlen 1994. Damals gab es weder eine explizite Wahlinitiative der Gewerkschaften, noch den Versuch, ein breites Bündnis auf die Straße zu bringen.
„Die regierende Politik in unserem formal vereinten Land ist in einem Zustand gnadenloser Ungerechtigkeit, Sozialverschleiß und fehlender Perspektiven versunken“, heißt es in der Erfurter Erklärung. Radikale Arbeitszeitverkürzung, ein öffentliches Beschäftigungsprogramm und eine menschenwürdige Grundsicherung stehen deshalb ganz oben auf dem Zielkatalog des Bündnisses.
Probleme kommen jetzt allerdings von rechts: Für denselben Tag, teilweise auf denselben Routen, plant nun auch die NPD eine Demonstration unter dem Titel „Arbeit zuerst für Deutsche“. Die linken OrganisatorInnen haben den Berliner Senat aufgefordert, die Veranstaltung der NPD zu verbieten. Hannes Koch
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