Scientologen wehren sich

■ Sekte wirft Verfassungsschutz vor, an Spitzel 5.000 Mark bezahlt zu haben - für Infos über einen der Scientology-Mitgliedschaft verdächtigen Polizisten. Grüne verlangen Aufklärung

Der wegen angeblicher Scientology-Mitgliedschaft in Bedrängnis geratene leitende Polizeibeamte Otto D. hat von merkwürdiger Seite Schützenhilfe erhalten. Die in München ansässige Scientology- Zentrale wirft dem Berliner Verfassungsschutz nämlich vor, einem Sektenmitglied 5.000 Mark für eine stichhaltige Information über die Scientoloy-Mitgliedschaft von Otto D. gezahlt zu haben.

Die Fraktionsvorsitzende der Bündnisgrünen, Renate Künast, sprach von einem „ungeheuerlichen Vorgang, wenn es zutrifft, daß sich der Verfassungsschutz die Beweise erkauft“. Sie kündigte an, Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) am kommenden Donnerstag im Verfassungsschutzausschuß zur Rede zu stellen. Das Landesamt für Verfassungsschutz wollte sich zum Vorgang gestern nicht äußern: „Wir geben grundsätzlich nie Auskunft zum Einsatz nachrichtendienstlicher Mittel“, sagte ein Sprecher. Nach einem Beschluß der Bundesinnenminister-Konferenz wird Scientology vom Verfassungsschutz beobachtet.

Scientology behauptet, Verfassungsschutzmitarbeiter hätten zwischen Mitte April und Anfang Juni siebenmal versucht, einen 25jährigen Scientology-Teilzeitmitarbeiter als bezahlten Spitzel unter anderem für Informationen über den Polizeidirektor anzuheuern. Mit „Stasi-Methoden“ werde „Menschenjagd“ auf Otto D. gemacht, und das, obwohl er kein Scientology-Mitglied sei.

Der Anfang April von seiner Leitungsfunktion im polizeilichen Lagezentrum entbundene Otto D. bestreitet die Sektenzugehörigkeit (taz berichtete). Gegen seine Abberufung hat er eine Klage beim Verwaltungsgericht angestrengt, über die aber vermutlich erst im August verhandelt wird. Der Polizeipräsident hat die Amtsenthebung Otto D.s mit dem kurzen Satz begründet, dessen Scientology- Mitgliedschaft sei durch „geheimdienstliche Erkenntnisse“ bestätigt. Der Vorgang war seinerzeit durch ein anonymes Schreiben in Gang gekommen, in dem Otto D. beschuldigt wurde, als „führendes Mitglied“ der Berliner Scientologen einen aussteigewilligen Kollegen bei der Polizei genötigt zu haben. Die Staatsanwaltschaft hat deshalb ein Ermittlungsverfahren gegen Otto D. angestrengt. Sein Anwalt Johann Schmidt-Drachmann geht jedoch davon aus, daß dieses mangels Beweisen bald eingestellt wird. Eine Hausdurchsuchung bei D. verlief ergebnislos.

Neben seiner Klage beim Verwaltungsgericht hat D. Strafanzeige gegen den Verfassungsschutz wegen Verleudmung und übler Nachrede erstattet. Gegenüber der taz schwor er „beim Leben meines Sohnes, nie“ etwas mit den Scientologen zu tun gehabt zu haben. Er komme aus einem halbjüdischen Elternhaus. Viele Verwandte mütterlicherseits seien in Konzentrationslagern umgekommen. „Deshalb habe ich eine Toleranz gegenüber allen Religionen, aber ich selbst übe keine aus.“

Daß ihm nun ausgerechnet die Scientologen zur Seite springen, erklärt sich D. so: Der Fall sei der Sekte möglicherweise „unangenehm“, weil der Verfassungsschutz mit allen Mitteln versuche, bei Scientoloy-Mitgliedern Informationen über seine Person zu erhalten. Plutonia Plarre