: Datenschützer kritisiert Polizei
■ Daten von EinwohnerInnen würden zu lange im Polizeicomputer gespeichert, bemängelt Datenschutzbeauftragter Garstka. Mißachtung der Prüf- und Speicherfristen. Technik veraltet
Der Landesdatenschutzbeauftragte Hansjürgen Garstka hat gestern die langjährige Speicherung von persönlichen Daten im Polizeicomputer kritisiert. In dem Informationssystem zur Verbrechensbekämpfung (ISVB) werden alle Personen, die im Zusammenhang mit einer Straftat stehen, erfaßt.
Vor zwei Wochen hatte Polizeipräsident Hagen Saberschinsky angekündigt, etwa 750.000 Briefe an Personen zu verschicken, die schon länger als fünf Jahre gespeichert sind. Hierzu ist die Polizei aufgrund einer Änderung des Allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsgesetzes (ASOG) aus dem Jahr 1992 verpflichtet.
„Die Erwartung der Innenverwaltung, daß die Benachrichtigungspflicht zur besonders gründlichen Prüfung der Notwendigkeit langfristiger Speicherungen führen werde, hat sich nicht erfüllt“, ärgerte sich Garstka. Im Gegenteil setze die Polizei bei erwachsenen Tatverdächtigen in fast allen Fällen die Prüffrist auf zehn Jahre fest. Die Löschungsfrist von drei Jahren bei den anderen Personengruppen werde aus formalen Gründen umgangen. „So müssen nun Hunderttausende benachrichtigt werden, obwohl ihre Daten zu einem Teil längst hätten gelöscht werden können oder müssen“, kritisierte er.
In den nun verschickten Briefen teilt die Polizei nur mit, „daß Daten zu Ihrer Person für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren gespeichert sind/werden“. Angaben zum Zeitpunkt oder Grund der Speicherung fehlen. Auch eine Unterscheidung in Tatverdächtige, Anzeigende oder Geschädigte sei „aus technischen Gründen“ nicht möglich, heißt es in dem Schreiben. Zudem fehlt jeder Hinweis auf den Rechtsanspruch und weitere Information, die die Polizei nach formlosem Antrag erteilen muß.
Garstka erklärte gestern, er habe bereits Anfang der achtziger Jahre das ISVB überprüft und schon damals eine nach Tätern, Anzeigenden und Opfern differenzierte Speicherung gefordert. Daß dies bis heute nicht möglich sei, zeige, daß die Speichertechnik der Polizei hoffnungslos veraltet sei. Laut Gesetz sei die Polizei zudem dazu verpflichtet, Betroffene fünf Jahre nach der Datenerfassung zu benachrichtigen. Es sei daher „äußerst unbefriedigend“, daß die Polizei nicht schon 1992 mit den Benachrichtigungen begonnen habe. Garstka forderte Betroffene auf, ihre Chance zu nutzen, von der Polizei die Löschung der Daten zu verlangen.
Die Polizei wollte sich gestern ohne Rücksprache mit der Innenverwaltung nicht zu der Kritik äußern. Auch die Innenverwaltung wollte keine Stellungnahme abgeben. Dafür sei die Polizei zuständig, hieß es. Gereon Asmuth
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