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Menschenrechte nur Versprechen

■ Amnesty international fordert von der Bundesregierung, Abschiebungen von Kosovo-Albanern auszusetzen. Neuer Menschenrechtsbericht: In 117 Staaten wird gefoltert

Bonn/Berlin (AFP/taz) – Die Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) hat die deutsche Bundesregierung aufgefordert, die Abschiebung von Kosovo-Albanern nach Jugoslawien sofort auszusetzen. Bei der Vorstellung des ai-Jahresberichts in Bonn sagte der deutsche ai-Vorsitzende Volkmar Deile: „Daß das Asylrecht in Deutschland vor allem als Hindernis bei der Abwehr illegaler Einwanderung gesehen wird, widerspricht der menschenrechtlichen Bedeutung der Genfer Flüchtlingskonvention.“ Bereits im vergangenen Jahr hatte amnesty die deutsche Asylpolitik und Abschiebepraxis kritisiert und war dafür teils heftig angegriffen worden.

Trotz ihrer völkerrechtlichen Verankerung vor fünfzig Jahren werden die Menschenrechte laut ai in den meisten Staaten der Welt noch immer mißachtet. Der ai-Jahresbericht prangert Verstöße in 141 Ländern an, darunter Deutschland und mehrere andere westliche Staaten.

„Für die meisten Menschen auf der Welt bedeutet die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte kaum mehr als ein unerfülltes Versprechen auf einem Stück Papier“, sagte ai-Generalsekretär Pierre Sané und erinnerte an „1,3 Milliarden Menschen, die mit weniger als einem Dollar am Tag ums Überleben kämpfen, 35.000 Menschen, die täglich an Unterernährung und heilbaren Krankheiten sterben, eine Milliarde Erwachsene, die nicht lesen und schreiben können.“

Insgesamt seien im vergangenen Jahr in 117 Staaten Menschen gefoltert und mißhandelt worden, in gut 50 Staaten werde Folter systematisch eingesetzt. In mindestens 87 Ländern sind Menschen wegen ihrer politischen Überzeugung inhaftiert. Als besonders eklatante Fälle nennt ai Algerien, Ruanda, Burundi, die Demokratische Republik Kongo, Sudan, Afghanistan, Irak, Birma und Sri Lanka. Vor allem in Algerien zeige sich die Unfähigkeit der internationalen Gemeinschaft, der Zivilbevölkerung zu helfen. Als positive Entwicklungen führte Deile die Freilassung von Oppositionellen in Nigeria und des iranischen Regimekritikers Faradsch Sarkuhi an.

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