: Frauenarbeitsplätze in Gefahr
■ 420 Jobs beim Schokofabrikanten Ludwig in Quickborn drohen abgewickelt zu werden. Gewerkschaft fordert Standortsicherung
Protest bei der Firma Ludwig in Quickborn: Aufgrund ihrer ungewissen Zukunft demonstrierten gestern rund 200 MitarbeiterInnen des Süßwarenherstellers vor dem Werkstor gegen ihre Abwicklung. Tags zuvor hatte die Konzernleitung in Saarlouis überraschend dem Quickborner-Betriebsrat einen Sozialplan für die 290 MitarbeiterInnen vorgelegt. Die Gewerkschaft Nahrung, Genuß, Gaststätten (NGG) fordert daher unverzügliche Verhandlungen über eine „Standortsicherung“.
Die Firma Ludwig, bekannt für ihr Kaubonbon „Frit“ oder Luftschokolade, beschäftigt in Aachen, Saarlouis und Quickborn insgesamt rund 1.300 MitarbeiterInnen. 1996 sorgte der Betrieb für Schlagzeilen, als die Bosse gravierende Verschlechterungen des Manteltarifs durchsetzen wollten. Damals sollten die Betriebsrenten eingefroren und der Urlaub verkürzt werden; Sonderurlaub, Schichtfreizeiten, Überstundenzuschläge, der Kündigungsschutz und das Weihnachtsgeld sollten gestrichen und die Arbeitszeit von 38 auf 40 Wochenstunden verlängert werden – natürlich ohne Lohnausgleich.
Nach dem Aufkauf der Firma durch den Instant-Giganten Krüger vor gut drei Monaten dachten die MitarbeiterInnen zunächst an süßere Zeiten. Krüger verfügt in der Instant-Branche (Zitronentee, Diätprodukte, Babynahrung) über einen guten Ruf, ist tarifgebunden und zahlt sogar übertarifliche Leistungen. Der Konzern beschäftigt bundesweit 3.300 MitarbeiterInnen bei einem Jahresumsatz von 2,06 Milliarden Mark.
Doch als die Gewerkschaft vorfühlte, „wo die Reise lang gehen solle“, so NGG-Sekretär Walter Scheuer, ging der Tarif-Wild-West von vorne los. „Die Personalleiterin in Saarlouis war nicht bereit, über eine Standortsicherung zu verhandeln“, empört sich Scheuer. Stattdessen flatterte dem Betriebsrat am Mittwoch ein Sozialplan ins Haus.
Scheuer: „Eine Schließung des Werkes wäre für Quickborn verheerend.“ Davon wären nämlich nicht nur die 290 Arbeitsplätze der Festangestellten betroffen, sondern auch noch weitere 130 Saison-LeiharbeiterInnen. „In der Produktion arbeiten überwiegend Frauen, die zum Teil mit ihren Händen die Produkte einpacken“, erläutert Scheuer, „für die gäbe es dann keine Perspektive mehr.“
Der NGG-Sekretär setzt nun auf die Vernunft: „Wir wollen verhandeln. Bislang haben ja noch keine konkreten Gespräche stattgefunden.“ Wenn die Gespräche scheitern sollten, könnte die Gewerkschaft allerdings auch den Streik ausrufen – und damit den „Frit“-Notstand auslösen. Kai von A ppen
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