: Die große Frauenkillerin
■ Tuberkulose ist die häufigste Todesursache bei Frauen – trotz preisgünstiger Therapien
Berlin (taz) – Tuberkulose (TB) ist weltweit die häufigste Todesursache bei Frauen. Darauf hat diese Woche die Genfer Weltgesundheitsorganisation (WHO) hingewiesen. Es sterben mehr Frauen an der Infektionskrankheit als an Kriegen, Malaria, Aids oder Krebs. Ärzte und Gesundheitsforscher hatten in Stockholm auf einer dreitägigen Konferenz über die globale TB-Epidemie und die besondere Situation der Frauen diskutiert.
Nach WHO-Zahlen fallen gegenwärtig im Jahr etwa eine Million Frauen weltweit der Infektion zum Opfer. 2,5 Millionen Frauen erkranken, während 900 Millionen den Erreger in sich tragen. Immerhin 9 Prozent aller Todesfälle bei Frauen zwischen 15 und 45 Jahren gehen auf das Konto der Tuberkulose. Sie seien vollständig unnötig und könnten mit einer preiswerten Therapie problemlos vermieden werden, sagte Paul Dolin, Epidemiologe bei der WHO in Genf. Dolin kritisierte, daß die Weltgemeinschaft dieser Krankheit gleichgültig gegenüberstehe: „Frauen und Mütter sterben, und die Welt weigert sich, davon Notiz zu nehmen“.
Die Tuberkulose werde in vielen Ländern noch immer als reine Männerkrankheit betrachtet. Frauen, die mit typischen Symptomen zum Arzt kämen, würden oft nicht behandelt, so Dolin. Deshalb sei das Risiko, an der Schwindsucht zu sterben, bei Frauen größer. Außerdem breche die Krankheit schneller aus, weil der Körper durch Schwangerschaft und Geburt geschwächt sei. Für die Frauen ist eine Erkrankung auch aus sozialen Gründen schicksalhaft. Tuberkulose sei in manchen Ländern ein Scheidungsgrund, sagte Dolin. Erkrankte Frauen würden stigmatisiert, Unverheiratete fänden keinen Mann.
Die Krankheit konzentriert sich auf 22 Länder, die mehr als 80 Prozent der Fälle verzeichnen. Engagement und Effektivität der Gesundheitsbehörden bei der Bekämpfung klaffen weit auseinander. Ein „exzellentes“ Zeugnis stellt die Weltgesundheitsorganisation Tansania, Peru und Vietnam aus, die mehr als 90 Prozent der Erkrankungen heilen. China, Bangladesch und der Republik Kongo wird bescheinigt, gute Fortschritte erzielt zu haben.
Sehr schlecht ist die TB- Kontrolle in Indien und Pakistan. Die beide neuen „Atommächte“ sind nicht in der Lage, die Epidemie angemessen zu bekämpfen. Katastrophal ist die Lage in Rußland, Nigeria, Birma, Afghanistan, Sudan und den Philippinen. Die Empfehlungen der WHO würden mißachtet, die Erfolgsquote bei der Behandlung sei armselig. Inzwischen weigern sich mehr und mehr Geberländer, diese Nationen weiter zu unterstützen.
Dabei wäre die Tuberkulose gut zu behandeln. Nach einer Studie der Weltbank zählt die Therapie zu den kostengünstigsten überhaupt. „Wir haben die Medikamente, wir haben die Therapie, und sie ist billig“, sagte Dolin. Manfred Kriener
Kommentar Seite 12
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen