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Hausärzte streiken für mehr Honorar

■ Senatsverwaltung warnt MedizinerInnen, AOK droht mit Entzug der Kassenzulassung. Beteiligung an anderen Protesten „recht dürftig“

Krankenkassen und Senatsverwaltung reagierten gestern hart auf die Streikankündigung der Hausärztevereinigung. Sie werfen den Ärzten, die heute ihre Praxen zulassen, vor, den „Sicherstellungsauftrag“ für die ambulante Versorgung zu gefährden. Die AOK droht sogar mit dem Entzug der Krankenkassenzulassung. 500 AllgemeinmedizinerInnen wollen heute gegen die Honorarmisere in der ambulanten Medizin demonstrieren. Das hofft zumindest Klaus Schilling, Sprecher der Hausärztevereinigung. „Wir wollen nicht ausbaden, was Politik und Krankenkassen uns eingebrockt haben“, sagt er. Die Hausärzte fordern angemessene Honorare sowie feste und kostendeckende Preise für alle medizinisch notwendigen Leistungen. Nur so könne eine befriedigende Versorgung der PatientInnen sichergestellt werden. Nach Ansicht der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) sind rund ein Drittel der Praxen in finanziellen Schwierigkeiten.

Die Honorarstreitigkeiten sind nach Ansicht der Krankenkassen aber ein „innerärztliches Problem“, das auch darin begründet sei, daß die Anzahl der niedergelassenen Ärzte in Berlin unabhängig vom medizinischen Bedarf erheblich zugenommen habe. „Warum dann bei dem Ausfall von 500 der insgesamt etwa 3.000 Hausärzte die Versorgung der Patienten nicht gewährleistet sein soll, verstehe ich nicht“, kontert Hausarzt Schilling. Er hält die Drohung der AOK für „einen Eingriff in die Meinungsfreiheit“.

Der Streik der Hausärzte fällt in einen Aktionsmonat der Kassenärzte allgemein, von denen es in Berlin rund 6.000 gibt. Ihr Aktionsrat rief nach einer großen Demonstration vor vier Wochen dazu auf, bis auf weiteres nur noch „Dienst nach Vorschrift“ zu machen. Die Kassenärzte sollten ihre Arbeit auf das begrenzen, wofür sie tatsächlich bezahlt werden, und so auf ihre Honorarsituation aufmerksam machen. Wie viele Ärzte sich an dieser Aktion bisher beteiligt haben, konnte Anton Rouwen, Sprecher des Aktionsrates, jedoch nicht sagen. Rita Kielhorn, stellvertretende KV-Vorsitzende, die den Protesten der Ärzte wohlwollend gegenübersteht, geht davon aus, daß der überwiegende Teil der MedizinerInnen sich nicht daran beteiligt habe. Denn die Aktion treffe zuerst die PatientInnen.

In dieser Woche protestierten die MedizinerInnen mit einer „Ärztegesundheitswoche“, in der sich die unterschiedlichen Fachärzte vor allem um die Gesundheit ihrer KollegInnen kümmern wollen. Das Problem: Die Nachfrage der KollegInnen sei „recht dürftig“, wie es der Tegeler Orthopäde Heinrich Bollack nennt. Dessen Fachkenntnisse nahm gestern kein anderer Arzt in Anspruch. Sabine am Orde

Die Demo beginnt heute um 10 Uhr am AOK-Gebäude in der Kreuzberger Wilhelmstr. 1

Siehe Bericht Seite 24

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