: Nur wenige Nachbarn kämpfen noch
■ Kurz vor Abschluß der Bodensanierung haben die meisten Hansetor-Bewohner Frieden mit Stadt und Baufirma geschlossen
Die meisten Nachbarn im Hansetor haben nur einen Wunsch: Endlich im Garten sitzen und Ruhe haben, ohne Angst vor verseuchtem Boden und giftigem Grundwasser. So haben die meisten Familien in der skandalumwitterten Hemelinger Wohnsiedlung Frieden geschlossen mit der Baufirma Interhomes und der Stadt. Gegen Zahlungen zwischen fünf und 25.000 Mark haben sie in außergerichtlichen Vergleichen auf weitere Schadenersatz-Forderungen verzichtet – andererseits sind die Nachbarn mit dem Vertrag aber auch von möglichen späteren Nachforderungen gegen sie als Grundbesitzer befreit. Im Falle von vier der 70 Hauseigentümer hat Interhomes den Kaufvertrag rückgängig gemacht und bis zu 300.000 Mark Kaufpreis an die Bauherren zurückgezahlt. Nur wenige Anlieger glauben nach wie vor, daß Interhomes sie wissentlich auf den verseuchten Grund lockte. Sie prüfen, ob sie nicht doch vor Gericht ziehen und Schmerzensgeld und Wertverlust der Grundstücke einklagen sollen.
Den bis zu vier Meter tief mit Teerölen verschmutzten Boden haben Arbeiter mittlerweile zwischen den Reihenhäusern herausgebaggert. Nun legen sie die Gärten wieder an. Die von Interhomes bezahlte Bodensanierung, die nach Angaben von Harald Bethke aus dem Altlasten-Fachreferat der Bremer Umweltbehörde 1,5 Millionen Mark gekostet haben dürfte, ist damit fast abgeschlossen.
Das Kapitel „Hansetor und Altlasten“ darf hingegen noch nicht zugeschlagen werden: Denn auch auf einem Nachbargrundstück zur Wohnsiedlung wurde unter vier Gärten Teeröl gefunden, das nach Ansicht der Experten aber von der selben Kontaminationsquelle – vermutlich der Eigenbedarfstankstelle eines lange verschwundenen Schrotthändlers – stammt wie der Dreck unter der Wohnsiedlung. Denn die Öllinse liegt genau in Fließrichtung des Grundwassers. Das Grundstück zu sanieren, dürfte laut Bethke „wenn es hoch kommt“ 100.000 Mark kosten. In dieser Woche will die Behörde entscheiden, ob sie diese zusätzlichen Arbeiten jetzt in Angriff nimmt oder ob versucht wird, die Eigentümer dieser Grundstücke an den Kosten zu beteiligen.
Für die Stadt birgt die einmal als Belebung einer heruntergekommenen Gewerbebrache voller Altlasten gefeierte Wohnsiedlung weitere Risiken: Denn Bremen hat sich im Kompromiß mit dem Bauträger Interhomes dazu verpflichtet, für die Sanierung des verseuchten Grundwassers aufzukommen. Noch müsse der Umfang der notwendigen Arbeiten geprüft werden, sagt Bethke, der die Kosten aber vorsichtig auf eine Million Mark schätzt.
Für die Hauseigentümer bleibt auch nach der Sanierung ein Makel an ihren Grundstücken bestehen: Die Flurstücke bleiben vorerst weiterhin im Altlastenkataster der Umweltbehörde registriert.
Manche Besitzer fürchten deshalb, daß ihr Haus überhaupt nicht oder nur zu einem schlechten Preis zu verkaufen sein könnte. Ein Anwalt, der mehrere Betroffene in den Vergleichsverhandlungen vertreten hatte, sieht das jedoch anders. Er kennt zumindest einen Fall, in dem ein Haus zu normalen Preisen den Eigentümer wechselte. „Die Käufer sind im Hansetor zumindest sicher, daß der neue Boden unter ihrem Garten jetzt nach der Sanierung sauber ist“, so der Jurist. jof
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