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Debatte um Polizeireform

■ Auch in der CDU Widerstand gegen Amtszeitverlängerung von Polizeipräsident Saberschinsky. Noch keine Konzepte für umfassende Polizeireform. Bericht über Modellversuch erst im Herbst

Nicht nur SPD und Bündnisgrüne sind strikt dagegen, daß Polizeipräsident Hagen Saberschinsky erst mit 65 Jahren, also im Jahr 2004, in den Ruhestand gehen will. Auch in der CDU regt sich Widerstand. Hintergrund ist, daß die Altersgrenze für den Polizeipräsidenten erst 1995 auf ausdrücklichen Wunsch von Saberschinsky von 65 auf 60 Jahre gesenkt worden war. Wie berichtet planen Innenverwaltung und Polizeipräsidium eine Änderung der Laufbahnverordnung, nach der wieder 65 Jahre als Altersgrenze gilt. „Erst rein und dann wieder raus. So einfach kann man es sich nicht machen“, zeigte sich der Vorsitzende des parlamentarischen Innenausschusses, Rüdiger Jakesch (CDU), gestern verstimmt. „Wir möchten erst mal die Gründe dafür hören“, fordert Jakesch.

Egal, ob Saberschinsky über das Jahr 1999 hinaus Polizeipräsident bleibt oder nicht – die 30.000 Mitarbeiter zählende Behörde steht vor einer grundlegenden Strukturreform. Wie umfassend diese ausfallen wird, ist jedoch noch unklar. Bislang war die Polizei von der 1994 begonnenen Verwaltungsreform verschont geblieben, weil zuerst die Erprobung des „Berliner Modells“ in der für Kreuzberg und Neukölln zuständigen Direktion 5 sowie der Abschlußbericht der Hamburger Consultingfirma Mummmert und Partner (M&P) nach der Sommerpause abgewartet werden sollte.

Berliner Modell heißt, daß die Schutzpolizei verstärkt Aufgaben der Kriminalpolizei wahrnehmen soll. M&P hat die Polizei zwei Jahre lang auf ihre Wirtschaftlichkeit hin untersucht und für rund 50 Teilprojekte wie die Reiter- und Hundestaffel andere Dienstzeiten und neue Aufgaben angeregt. In dem Bericht finden sich aber keine Vorschläge zu einer grundlegenden Strukturreform. Hierfür hatte M&P keinen Auftrag. Die Firma sollte lediglich Reformen innerhalb des bestehenden Fünf-Säulen-Modells entwickeln. Wenn es nach Saberschinsky geht, wird das 1992 bei seiner Amtsübernahme installierte Fünf-Säulen-Modell nicht angetastet. Doch die Sicherheitsexperten von Grünen, SPD und CDU sind anderer Meinung. Die fünf Einzelämter – Landeskriminalamt, Polizeiverwaltungsamt, Schutzpolizeiamt, Landespolizeischule und die Ermittlungsstelle für Regierungs- und Vereinigungskriminalität (ZERV) – sollen zu einer Hauptverwaltung zusammengefaßt werden. Konsens ist auch, daß die Eigenverantwortung der sieben Direktionen durch eine Personal- und Finanzhoheit gestärkt werden soll.

Differenzen gibt es noch in der Frage der Polizeiführung, ob man zum Beispiel einen Vizepräsidenten und Landespolizeidirektor braucht. „Oben abschmelzen und die Basis stärken“, ist das Credo des Bündnisgrünen Wolfgang Wieland. Nach Angaben des CDUlers Rüdiger Jakesch gibt es aber noch keine fertigen Konzepte. Sollte der Modellversuch am Ende des Jahres positiv bewertet werden, soll das Modell zunächst in weiteren ein bis zwei Direktionen starten. Voraussetzung ist laut Jakesch allerdings, daß jede der Direktionen je 7 bis 8 Millionen Mark zusätzliche Hausmittel, unter anderen für die Computertechnik, erhält. Plutonia Plarre

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