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Die Offene Liste der PDS in Friedrichshain bröckelt

■ Zuwenig Distanz zu den eigenen Stadträten sahen zwei PDS-Verordnete in Friedrichshain. Vor einem Jahr gründeten sie eine eigene Fraktion, die Demokratische Linke Liste (DLL). Ihr Beispie

Modern und links orientiert: eine politische Gruppierung, „die auch danach handelt, was sie vorgibt zu sein: entschieden sozial, entschieden demokratisch und entschieden ökologisch“. So beschreibt die Bezirksverordnete Heike Weingarten nicht etwa Bündnisgrüne oder PDS; das gerüttelt Maß an Entschiedenheit in Friedrichshain gesteht die „gelernte Fachverkäuferin“ mittlerweile einzig der Demokratischen Linken Liste (DLL) zu. Im Mai schloß sie sich der Vereinigung an. Zuvor hatte die engagierte Mieterberaterin der Partei der Demokratischen Sozialisten den Rücken gekehrt: „Zermürbende Konflikte, mangelnde Transparenz und undemokratische Verhaltensweisen haben mich als Bezirksverordnete unerträglich behindert.“ Ähnlich „arbeitsunfähig“ fühlten sich schon Birgit Marohn und Claudia Nawrot.

Die beiden jungen Frauen beschlossen bereits vor einem Jahr, die Offene Liste der PDS zu verlassen. Am 1. Mai 1997 riefen sie die DLL ins Leben. Zu heftig waren ihr Streben nach mehr Bürgernähe und die Auffassung der PDS-Fraktion aufeinandergeprallt, Baustadträtin Martina Albinus-Kloss – die Entscheidungen gern weniger transparent fällt – bedingungslos den Rücken zu stärken. Jede Kritik an der Stadträtin mit PDS-Mandat sei abgeblockt und zudem, so Claudia Nawrot, „auf die persönliche Schiene gehoben“ worden. Plötzlich ging es nicht mehr um Merkwürdiges beim Abriß der Rigaer Str. 27 oder „übergroße Investorenfreundlichkeit“, plötzlich hieß es: „Die Nawrot will Baustadträtin werden.“

Nachgesagt wurde dies auch dem Vierten im Bunde: Eckehart Ehrenberg. Ehrenberg, der mehr als 20 Jahre der SPD angehörte und schon zu Zeiten Willy Brandts im Bonner Parteivorstand tätig war, sah auch in der Friedrichshainer SPD-Fraktion Demokratiedefizite und fehlende Distanz zu Stadträten und dem Bürgermeister: „Angesichts des Skandals, der hier derzeit um die Aufstellung des Bezirkshaushalts passiert, muß man meinen: In Friedrichshain existiert ohnehin eine Megakoalition aus SPD, CDU und PDS.“

So weigert sich das Bezirksamt, den Antrag der DLL, dem die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am 13. Mai ihr mehrheitliches „Ja“ entgegengebracht hatte, umzusetzen. Stadträte und Bürgermeister wurden beauftragt, statt von vornherein „den strangulierenden Kürzungsbeschlüssen des Senats zu folgen“, von Ausgaben für 1999 auszugehen, die, wie die DLL-Verordnete Birgit Marohn betonte, zur Aufgabenerfüllung des Bezirks „notwendig und angemessen“ wären.

Vier Wochen später erklärte Bezirksbürgermeister Helios Mendiburu (SPD), sich an der vom Senat zugemessenen Globalsumme zu orientieren und einen ausgeglichenen Bezirksentwurf aufzustellen. Der Umgang mit dem BVV- Beschluß ist für die DLL-Fraktion nicht nur Betrug am Wähler, sondern auch einen Verfassungsstreit wert.

Die Frage der eigenen Legitimation stand für das Quartett von Anbeginn nicht: „An unserer Politik hat sich ja nichts geändert. Wir machen nur das, wofür wir angetreten sind“, erklärt Eckehart Ehrenberg. Ähnlich sehen das auch die drei Ex-PDSlerinnen. Der Partei sei es zu Anfang nicht ohne Erfolg gelungen, mit dem Anspruch, mehr Transparenz zu praktizieren, und ihrem „Widerstand gegen überzogene Kapitalinteressen“ junge Leute an sich zu ziehen. „Leider offenbarte sich schon bald eine immer größer werdende Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Das Prinzip der Offenen Liste der PDS gilt in Friedrichshain mittlerweile als gescheitert.“

Absprungkandidat ist auch der Parteilose Andreas Fichtner, der in der vergangenen Woche erfolgreich gegen seinen Ausschluß aus der PDS-Fraktion geklagt hatte. Die PDS hatte dem ehemaligen Hausbesetzer Arroganz, destruktives und parteischädigendes Verhalten vorgeworfen und ihn Anfang des Jahres mehrheitlich aus den eigenen Reihen verbannt. Sollte der 33jährige zur DLL wechseln, hätte die Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung mit fünf Sitzen eine Stimme mehr als das Bündnis Friedrichshain. Dem Beispiel der DLL folgten nun auch zwei PDS-Verordnete in Marzahn. Auch sie verließen ihre Fraktion und gründeten eine neue: die Linke Demokratische Liste. Kathi Seefeld

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