: Strahlender Behälter im AKW Biblis
■ Fleck an Behälter strahlt 7.500 mal stärker als zugelassen. Hessens Umweltministerin Hinz sieht sich in Transportverbot bestätigt
Wiesbaden (taz) – Strahlende Flecken, sogenannte „Hot spots“, sind jetzt auch an einem leeren Transportbehälter für abgebrannte Brennelemente auf dem Gelände des AKW Biblis entdeckt worden. Kraftwerksbetreiber RWE selbst berichtete am Mittwoch abend von einer „punktuellen Verstrahlung“ von rund 30.000 Becquerel pro Quadratzentimeter an dem Behälter. Der zulässige Grenzwert liegt derzeit bei 4 Becquerel pro Quadratzentimeter.
Der jetzt im Rahmen eines RWE-Sondermeßprogramms entdeckte Transportbehälter in Biblis stand schon sechs Wochen auf dem Kraftwerksgelände. Für Personal und Bevölkerung habe keine Gefahr bestanden, hieß es von seiten der Kraftwerksleitung. Das radioaktive Teilchen sei an einem der sogenannten Stacheln des Behälters entdeckt worden, über die Strahlungswärme abgeführt wird.
Der Strahlungswert des Hot spot wurde bisher nur an einem Tiefladergestell für Atomtransportbehälter übertroffen, der Anfang Juni auf einem Bahngelände in Darmstadt entdeckt worden war. Dort trat eine Spitzenradioaktivität von 50.000 Becquerel auf. An den 25 leeren Containern aus Frankreich, die zwischen 1991 und 1994 mit Hot spots nach Biblis kamen, wurden hingegen Werte von maximal 120 Becquerel gemessen.
Wie das hessische Umweltministerium gestern mitteilte, habe die Atomaufsicht sichergestellt, daß der Behälter mit einer Abdeckung verschlossen wurde und nur speziell ausgebildetes Schutzpersonal Zugang zu ihm habe. Der Hot spot sei entfernt und in den Kontrollbereich gebracht worden.
Für Umweltministerin Priska Hinz (Bündnisgrüne) stellt der erneute Kontaminationsfund die Eignung von Transportern und Meßverfahren in Frage. Der Fall belege, wie wichtig die von der hessischen Atomaufsicht erlassene Anordnung sei, mit der der Atomtransportfirma NCS untersagt wurde, von bereits erteilten Transportgenehmigungen Gebrauch zu machen. „Solange Mechanismen und Ursachen für die in den letzten Wochen bekanntgewordenen Grenzwertüberschreitungen bei Transporten abgebrannter Brennelemente nicht geklärt sind, dürfen keine Transporte mehr stattfinden“, sagte Hinz.
Eine von Hinz für Samstag beantragte Sondersitzung der Umweltminister zu Atomtransporten und Hot spots hat die Ministerin gestern allerdings abgesagt. Der sächsische Umweltminister Arnold Vaatz (CDU) hatte Hinz zuvor darauf hingewiesen, daß die Geschäftsordnung der Umweltministerkonferenz eine solche Sondersitzung verbiete, weil sich der Bundesrat am 10. Juli 1998 mit dem Thema befasse. Zuvor hatte Priska Hinz ihrem Kollegen aus Sachsen allerdings vorgeworfen, die Konferenz mit einer Veto-Drohung gegen jeden Atomtransport- Beschluß ohnehin nutzlos gemacht zu haben. Klaus-Peter Klingelschmitt
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