: Kampfansage an die SPD
Die neue migrationspolitische Sprecherin der GAL, Susanne Uhl, will Abschiebehaft abschaffen und Behörden umkrempeln ■ Von Silke Mertins
In einem vierseitigen Papier hat die GALierin Susanne Uhl aufgelistet, wie der Umgang mit Zuwanderern in Hamburg künftig aussehen soll. Die Parteilinke, die zu der koalitionskritischen Gruppe „Zwischen allen Stühlen“ (ZAS) gehört, wurde in der vergangenen Woche von ihrer Fraktion zur neuen flüchtlings- und migrationspolitischen Sprecherin gewählt. Der Bereich Integration wird von der auch für Schule zuständigen Reala Christa Goetsch unter dem Titel „Interkulturelles“ übernommen. Die beiden treten damit das Erbe der aus Rot-Grün-Frust zurückgetretenen Anna Bruns an.
Uhl fordert in ihrem Grundsatzschreiben eine Umkehr in der Flüchtlingspolitik. Alle Spielräume müßten künftig zugunsten der Asylsuchenden ausgenutzt werden. Denn: Daß Hamburg sogar noch vor Bundesländern wie Bayern Spitzenreiter im Abschieben ist, sei „die traurige Zwischenbilanz unserer bisherigen Mitregierungszeit“. Uhl hält es daher überhaupt nicht für akzeptabel, wenn Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) sogar fordere, „Flüchtlinge in andere als ihre Herkunftsländer abschieben zu können“. Es müsse statt dessen eine klare Linie gegen die von der christliberalen Bundesregierung praktizierte Ausgrenzungspolitik erkennbar werden.
Konkret fordert die migrationspolitische Sprecherin der Hamburger GAL eine gründliche Reform der Ausländerbehörde. Grundsätzlich müsse vom Ermessen zugunsten der Flüchtlinge Gebrauch gemacht werden, es müßten also längere Fristen bei Duldungen und anderen Formen der Aufenthaltsgenehmigung erteilt werden, um das ständige Antanzen in der Behörde und die damit verbundenen Ängste und Verunsicherungen der Betroffenen zu vermeiden. Nach zweijähriger Duldung stünde eine Aufenthaltsbefugnis an, damit sich „den Flüchtlingen überhaupt Integrationsperspektiven eröffnen“.
Abschiebehaft müsse zum einen vermieden und dürfe zum anderen bei besonderen Gruppen wie etwa Schwangeren, Kindern oder Alten gar nicht mehr beantragt werden. Die gefürchtete „Abschiebeabteilung“ der Ausländerbehörde, bei der die Betroffenen durch eine Gitter-Drehtür gehen müssen, um zu ihren SachbearbeiterInnen zu gelangen, gehöre abgeschafft.
Minderjährige Flüchtlinge sollen nach Uhls Vorstellungen längerfristige Duldungen bekommen und damit eine Ausbildungsperspektive. Außerdem sollten Massenunterkünfte wie die Wohnschiffe oder das Hotel „Interast“ auf St. Pauli zugunsten kleinerer Einrichtungen und der Unterbringung in normalen Wohnungen abgeschafft werden. Internationale Mindeststandards müßten eingehalten werden.
Das Büro des Ausländerbeauftragten soll neu besetzt, professionalisiert und mit mehr Kompetenzen ausgestattet werden. Über diesen Punkt wollen SPD und GAL im übrigen noch vor der Sommerpause Einigkeit erzielen. Darüber hinaus ist Susanne Uhl der Ansicht, daß das Abstimmungsverhalten im Eingabenausschuß, der letzten Gnadeninstanz für viele Flüchtlinge, von der strikten Koalitionsdisziplin befreit werden sollte. Uhl resümiert: „Dies wäre ein kleines Signal, daß das Bundesland Hamburg sich an einer Politik der Ausgrenzung und Entdemokratisierung gegenüber Flüchtlingen und MigrantInnen nicht beteiligt.“
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