: Gefährliches Turbohuhn
■ Medizinertagung warnt vor Infektionsrisiko durch Massentierhaltung und Überzüchtung
Köln/Bürgenstock (ots) – In den letzten drei Jahrzehnten ist ein kontinuierlicher Anstieg bei Infektionskrankheiten durch industriell hergestellte und mit Bakterien belastete Lebensmittel festzustellen, warnt die Konsultativtagung deutschsprachiger Ärzteorganisationen. Hauptverantwortlich für diese Zunahme der Lebensmittelinfektionen seien die industrielle Tierhaltung und -verarbeitung.
In der Konsequenz der Massentierhaltung einschließlich zum Teil tagelanger Transporte komme es zu einer Campylobacterbelastung von über 90 Prozent sowie einer Salmonellenbelastung bei mindestens jedem vierten verkauften Huhn. Die Ärzte appellieren deshalb an die Europäische Kommission und die nationalen Regierungen, den Wiederaufbau regionaler Schlachtbetriebe zur Vermeidung überlanger Tiertransporte sowie eine für den Verbraucher unmißverständliche Kennzeichnung der Qualität von Herkunft, Haltung und Verarbeitung durchzusetzen. Die Politik müsse ihrer Informationspflicht gegenüber den Verbrauchern über die möglichen Gefahren der industriellen Tierproduktion offensiv nachkommen.
Der überwiegende Teil der tierischen Lebensmittel wird in Europa nicht mehr in traditioneller Art mit bewährten, aber „unprofitablen“ Tierrassen erzeugt, sondern mit überzüchteten Hochleistungstieren. Das Turbohuhn zum Beispiel mit einer Leistung von 300 Eiern pro Jahr ist zur natürlichen Fortpflanzung nicht mehr fähig („Hybride“); die hohe Salmonellenbelastung roher Industrieeier wird nach Meinung der Ärzte in der Bevölkerung noch nicht genügend ernstgenommen. Eine Milchkuh mit einer Tagesleistung von 30 Litern muß mit Eiweißzufütterung erkauft werden, und auch hier kann der Verzehr so unappetitliche wie gefährliche Folgen haben: Infolge fäkaler Verunreinigungen das Schlachtviehs kam es in den letzten Jahren zu vielfältigen Durchfallerkrankungen in Japan, Schottland und Bayern – in einigen Fällen sogar mit Todesfolge.
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