: Mobil gegen rechts
■ Brandenburger "Mobile Einsatzgruppe" dämmt Rechtsextremismus ein. Thüringen setzt auf Koordination von Polizei und Verfassungsschutz
Berlin (taz) – „Mega“, das steht für „Mobile Einsatzeinheit gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit“. Ende Januar 1998 gegründet, zogen die Erfinder der Spezialtruppe der Brandenburger Polizei gestern eine erste Bilanz ihrer Arbeit, in deren Mittelpunkt „Präventions- und Repressionsmaßnahmen“ gegen Rechtsradikalismus stehen. Was sich spektakulär anhört, gestaltet sich in der Praxis weniger brisant: Die 47 Beamten der Mega beschäftigten sich bislang überwiegend mit der Durchführung von Personen- und Fahrzeugkontrollen sowie dem Aussprechen von Platzverweisen. Dabei kam die Sondertruppe nicht nur „staatsschutzrelevanten Straftaten“ auf die Schliche, auch Trunkenheitsfahrten und Drogendelikte wurden registriert. Handfestes hingegen bekamen die Beamten kaum zwischen die Finger – 17 Baseballschläger, 4 Messer, 3 Schlagstöcke und 2 Reichskriegsflaggen beschlagnahmten die Spezialkräfte gegen rechts.
Dennoch bewerten Politik und Polizei die bisherige Arbeit der Mega durchweg positiv: „Die heftigen Reaktionen der Szene, die sich in Flugblättern sowie im Internet und in Infotelefonen äußerst wütend artikuliert“, wertet Brandenburgs Innenminister Alwin Ziel als Beleg für den Erfolg. „Daß wir viel erreicht haben“, zeige auch die Tatsache, daß die Mega in rechten Pamphleten als „Gesinnungspolizei gegen Versammlungsfreiheit“ tituliert werde.
Datenschützer noch nicht informiert
Insgesamt ging die Zahl registrierter Straftaten mit rechtsextremem Hintergrund im ersten Halbjahr 1998 in Brandenburg deutlich zurück: 165 Fälle, darunter 39 Gewaltdelikte, sind aktenkundig – im gleichen Vorjahreszeitraum waren 322 Straftaten und 52 Gewaltdelikte von Rechten zu verzeichnen gewesen. „Es ist anzunehmen, daß dieser Rückgang mit der Arbeit der Mega zusammenhängt, aber nicht eindeutig nachzuweisen“, meint Manfred Füger, Sprecher des Innenministeriums. Für „Jubelstürme“ sei es noch zu früh.
Auch Thüringen hat sich Sondermaßnahmen im Kampf gegen den Rechtsextremismus vorgenommen. Innenminister Richard Dewes (SPD) will Verfassungsschutz und Polizei in einer Zentralstelle zur Bekämpfung gegen den Rechtsextremismus (Zex) zusammenbringen – für die zentrale Koordination polizeilicher Aktivitäten. Die „Schnittstelle zwischen Verfassungsschutz und Polizei“ sei notwendig geworden, so sagte Innenstaatssekretär Gregor Lehnert, weil die Zahl rechtsextremistischer Straftaten im vergangenen Jahr um 28 Prozent auf 1.206 Fälle angestiegen sei. Bei der Zentralstelle Rechtsextremismus sollen alle Informationen über Delikte und Personen aus der rechten Szene zusammenlaufen. „Die Beamten bewerten sie und leiten dann Maßnahmen ein.“ Befürchtungen, daß mit dieser Gruppe das verfassungsrechtliche Gebot der Trennung zwischen Polizei und Verfassungsschutz unterlaufen werde, teilt Lehnert nicht. Die Dienststelle solle „produktiv tätig werden“. Das Innenministerium erhoffe sich „schnellere Informationen über die Szene und will wissen, wer mögliche Rädelsfüher sind – auch bei der DVU“, sagte Lehnert. Die Datenschutzbeauftragte des Landes war über die Pläne bis gestern nicht informiert. Volker Probst und Anette Rogalla
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