: Tony Blairs Gurus im Zwielicht
■ Britische Medien enthüllen: Hohe New-Labour-Berater nutzen ihre politischen Kontakte im Dienste privater Lobbyfirmen. Gestern kam der erste Rücktritt, die Opposition verlangt mehr
Berlin (taz) – Ein Skandal um die Aktivitäten einflußreicher Lobbyisten im Umfeld von Premierminister Tony Blair destabilisiert die britische Labour-Regierung. Derek Draper, Direktor der Lobbyfirma GPC Market Access und ein früherer Berater des New- Labour-Imagegurus und Ministers ohne Geschäftsbereich, Peter Mandelson, wurde gestern nach Medienenthüllungen von seiner Firma suspendiert. Die konservative Opposition verlangt nun auch die Entlassung von Blairs Europaberater Roger Liddle, der ebenfalls in den Skandal verwickelt ist.
Derek Draper hatte sich gegenüber einem Korrespondenten der Sonntagszeitung Observer, der sich als Vertreter von US-Energieunternehmen ausgab, seiner Beziehungen zum Machtzirkel um Blair gerühmt. Er brüstete sich, vertrauliche Einzelheiten einer Rede des Finanzministers Gordon Brown vorab an eine US-Bank geleitet zu haben, und sagte, er könne seinen Klienten gegen Bezahlung Posten in Arbeitsgruppen der Regierung besorgen. Der Observer veröffentlichte dies am Sonntag. Derek Draper war während des Labour- Wahlkampfs 1997 Chefberater von Peter Mandelson, der als „graue Eminenz“ New Labours gilt. Drei Monate nach dem Wahlsieg schrieb er ein Buch über „Blairs 100 Tage“ und wurde Direktor der Lobbyfirma GPC.
Ähnlich kompromittiert wie Draper wird in der Observer-Recherche unter anderem auch Blair- Berater Roger Liddle. Er schrieb 1996 zusammen mit Mandelson die New-Labour-Bibel „The Blair Revolution“ und gründete nach den Wahlen eine eigene Lobbyfirma, die vor sechs Monaten mit Drapers GPC fusionierte.
Verflechtungen zwischen Regierungsmitgliedern und Lobbyfirmen hatten Großbritanniens letzte konservative Regierung unter John Major in tiefe Krisen gestürzt. Daß viele derjenigen, die damals „New Labour“ aufbauten, ihre Kontakte nun privat nutzen, wirft jetzt einen ähnlichen Schatten auf die Regierung Blair. D.J.
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