: Erfolg für Perschau in letzter Minute
■ Kohl setzte gegen Waigel eine Zusage für Bremen durch
„Mir sind mehrere Steine vom Herzen gerollt“. Mit dieser Bemerkung eröffnete Bremens Finanzsenator Hartmut Perschau gestern eine kurzfristig einberufene Pressekonferenz: In Bonn hatte das Bundeskabinett am Vormittag beschlossen, den Bremer Sanierungs-forderungen doch einen deutlichen Schritt entgegenzukommen. Noch im Finanzplanungsrat vor wenigen Wochen habe der Bundesfinanzminister, Theo Waigel, „sehr distanzierte Aussagen“ getroffen, berichtete Perschau,. Am Tage vor der Kabinettssitzung konnte Bremen mit nichts rechnen – offenbar durch ein Kanzlermachtwort legte sich das Kabinett dann darauf fest, in einer Höhe von „ca. 3 Milliarden Mark“ die Sanierungszahlungen an das Saarland und an Bremen in 1999 fortzusetzen. Bedingung aber bleibt, daß sich die Länder hälftig daran beteiligen.
„Ich glaube, daß dieser Brief von Herrn Waigel eine außerordentlich hohe Verbindlichkeit hat“, erklärte Bremens Finanzsenator Perschau. Er will den Bremer Anteil von 1,8 Milliarden als Einnahmen in seinen Etat für 1999 einsetzen. Mit dem gestrigen Kabinettsbeschluß sei er wieder „ein entspannt guckender Finanzsenator“, freute sich Perschau sichtlich über den Erfolg „sehr hartnäckiger, zäher Verhandlungen“. Die Summe von 1,8 Milliarden Mark entspricht voll den Bremer Forderungen, die Sanierungszahlen würden dann schrittweise reduziert und im Jahre 2003 mit 800 Millionen endgültig auslaufen.
Alles hängt allerdings davon ab, daß die Bundesländer sich zu 50 Prozent an der Finanzierung beteiligen. Insofern ist man, heißt es im Bundesfinanzministerium, seit dem März „keinen Millimeter weitergekommen“. Es sei aber erfahrungsgemäß in der Politik so, „daß die Kreativität größer wird, wenn der Zeitdruck steigt“.
Nach dem eindeutigen und bezifferten „Ja“ des Bundes kommt die SPD-Mehrheit im Bundesrat in deutlichen Zugzwang, denn auch der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine muß als saarländischer Ministerpräsident einen Landeshaushalt für 1999 aufstellen.
Die Fortführung der Sanierungszahlungen muß im Finanzausgleichsgesetz mit den Ländern gemeinsam geregelt werden. Da eine entsprechende Gesetzesinitiative nicht im März und damit rechtzeitig in der alten Legislaturperiode gestartet wurde, hat das Kohl-Kabinett hat mit der Verzögerung der gestern getroffenen Zusage im Grunde den Schwarzen Peter den SPD-geführten Ländern und der neuen Bundesregierung zugeschoben. K.W.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen