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Triste Spandauer Vorstadt

■ Nur 24 Prozent der Oberschüler gaben in Umfragen an, gern in ihrem Stadtteil zu leben

Viele Kinder und Jugendliche sind unzufrieden mit ihrer Lebenssituation in der Spandauer Vorstadt im Bezirk Mitte. Das ist das Ergebnis einer Umfrageaktion unter 1.500 Kindern und Jugendlichen, die in dem Gebiet zwischen Friedrichstraße, Torstraße, Rosenthaler Straße und Spree wohnen.

38 Prozent der zwischen sechs und 18 Jahre alten Kinder und Jugendlichen wünschen sich ein größeres Freizeitangebot und mehr Raum zum Spielen und Sport treiben, heißt es in dem 35 Seiten dicken Papier. Jugendstadträtin Eva Mendl (PDS) hatte die von ehrenamtlichen Helfern durchgeführte Umfrage in Zusammenarbeit mit einer regionalen Arbeitsgemeinschaft aus Erziehern, Lehrern, Sozialarbeitern und Eltern im Herbst vergangenen Jahres beschlossen. Mendl bedauert allerdings, die bestehende Situation nicht ändern zu können: „Wir können die Grünflächen nicht herzaubern.“ Natürlich sei für die Kinder die gegebene bauliche Situation unbefriedigend. Auch die bestehenden Möglichkeiten im Freien Sport zu treiben, seien sehr unzureichend. Im Grunde gebe es nur einen Sportplatz in der Auguststraße, der fast rund um die Uhr von Sportvereinen besetzt sei.

Eine Möglichkeit, trotz der Bausituation Spielraum für Kinder zu schaffen, sieht Mendl in der Öffnung von Schulhöfen. Am Anfang sei man auf sehr viel Skepsis gestoßen, einige Schulhöfe wären aber bereits jetzt bis 19 Uhr für Kinder offen. Ein offenes Gelände an der Alten Schönhauser Straße soll den Kindern ihr Vorstadtgrau vergrünen: „Wir versuchen dort, mit AB- Maßnahmen einen Abenteuerspielplatz für Kinder zu bauen“, so Räßler.

Von den befragten Oberschülern gaben nur 24 Prozent an, gern in ihrem Kiez zu wohnen, neun Prozent beantworteten die Frage mit „nein“ und 67 Prozent hatten dazu keine Meinung. Auf die Frage „Wo würdest du gerne hingehen?“ nannte ein Viertel der Jugendlichen einen offenen Treff oder einen Klub.

Es gibt in der Spandauer Vorstadt einige Jugendtreffs, wie den „C 29“ in der Rosa-Luxemburg- Straße, das „no way, alta“, den Mädchentreff „baff“ oder das „jojo“ in der Torstraße. Jugendhilfe-Planer Michael Räßler meint, mit Hilfe der Studie könne das Jugendamt besser und gezielter auf die Wünsche der Jugendlichen eingehen. Unter einem guten Klub stellen sich die Kids einen Raum vor, in dem sie sich vor allem unterhalten, tanzen und Freunde treffen können.

Auf die Idee, „die Jugendlichen selbst zu fragen, was sie wollen“, sei man bei den seit Ende 96 stattfindenden Kiezgesprächen gekommen, so Räßler. Susanne Sitzler

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