: Wahlkampf-„Aufschwung“
■ Waigel: Bundeszuschuß für Arbeitslosigkeit von 14 Milliarden Mark auf Null setzen
München/Mainz (AFP/taz) – Die Regierungskoalition ist erneut mit unterschiedlichen Darstellungen ihrer Politik an die Öffentlichkeit gegangen. Während Bundesfinanzminister Theo Waigel (CSU) sagte, er wolle die Zuschüsse an die Bundesanstalt für Arbeit bis 2002 schrittweise auf Null verringern, korrigierte Arbeitsminister Norbert Blüm (CDU) diese Aussage sogleich. Der Nürnberger Bundesanstalt stehe 1999 „genausoviel Geld zur Verfügung wie in diesem Jahr“, sagte Blüm. Wenn die Arbeitslosenzahlen zurückgingen, werde der Zuschuß – er liegt derzeit bei 14 Milliarden Mark – lediglich sinken.
Das Münchner Nachrichtenmagazin Focus hat die Waigelsche Glücksmeldung für den Wahlkampf in seiner heutigen Ausgabe sogleich in eine neue Kürzungsdrohung verwandelt. Der Finanzminister plane „tiefe Einschnitte“ in den Haushalt der Arbeitslosenversicherung, heißt es. Der Etat der Nürnberger Leitbehörde für die Arbeitsämter wird aus den Beiträgen von Arbeitnehmern und -gebern finanziert. Die Lücke zwischen diesen Einnahmen und den Ausgaben für Arbeitslose schließt laut Arbeitsförderungsgesetz die Bundesregierung. Dafür waren 1996 13,7 Milliarden Mark, 1997 9,5 Milliarden nötig, für dieses Jahr wird erneut mit rund 14 Milliarden Mark gerechnet.
Scharfe Kritik an den Kürzungsplänen übte der stellvertretende IG-Metall-Vorsitzende Walter Riester. Wenn dies geschehe, sei die Streichung von noch mehr Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung und Weiterbildung zu befürchten, sagte der designierte Arbeitsminister einer SPD-Regierung. Ein Herunterfahren des Zuschusses würde die Lohnnebenkosten nach oben treiben. Denn dann müßten die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung angehoben werden. „Das wäre das Allerletzte, was wir jetzt brauchen – wir brauchen eine Senkung der Lohnnebenkosten und keine Anhebung“, betonte der IG-Metall-Vize.
Die „Konjunktur ist angesprungen und die Wende auf dem Arbeitsmarkt da“, hatte zuvor der Finanzminister frohlockt. Ein Sprecher des Finanzministeriums bestätigte die Angaben seines Chefs. Die Bundesregierung gehe davon aus, daß sich der jetzige positive Trend auf dem Arbeitsmarkt fortsetze und bis zum Jahr 2002 die Zahl der Arbeitslosen um mehr als 600.000 sinke, sagte ein Sprecher. Dann käme die Behörde ohne Zuschüsse des Bundes aus. Die Bundesanstalt für Arbeit hatte in ihrem letzten abgeschlossenen Haushaltsjahr 1997 Einnahmen von 93,15 Milliarden Mark. Dem standen Ausgaben in Höhe von 102,7 Milliarden Mark gegenüber. cif
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