: Extremisten ein Dorn im Auge
Im nordirischen Ballymoney starben drei Kinder bei einem Brandanschlag. Die Mutter war Katholikin, der Vater Protestant. Die Siedlung ist im Schock ■ Aus Portadown Ralf Sotscheck
Richard Quinn, zehn Jahre alt, war der älteste der drei Brüder, die gestern früh im nordirischen Ballymoney von protestantischen Extremisten ermordet worden sind. Mark Quinn war neun, Jason feierte vergangene Woche seinen achten Geburtstag. Die Mutter, die 29jährige Christine Quinn, war erst vor einer Woche mit ihren Kindern und ihrem Partner in die Carnany-Siedlung eingezogen.
Die Siedlung ist überwiegend protestantisch, aber es leben auch eine Reihe von Katholiken in Carnany. Einige von ihnen haben seit vorletztem Sonntag, als die Krise um die Oranier-Parade in Drumcree begann, Drohbriefe erhalten, in denen sie aufgefordert wurden, aus Carnany zu verschwinden. Manchen Briefen war eine Patrone beigelegt.
Christine Quinn ist katholisch, ihre Kinder waren es auch. Ihr Partner ist Protestant. Solche „Mischehen“ waren protestantischen Extremisten ein Dorn im Auge, seit der Nordirland-Konflikt vor 30 Jahren begann. Die meisten Familien, in denen ein Partner katholisch, der andere protestantisch ist, sind im Zuge der „ethnischen Säuberungen“, wie man es in Nordirland bezeichnet, in katholische Viertel gezogen.
Carnany ist eine relativ neue Sozialbausiedlung, die Häuser sind solide und geräumig. An der Rückseite verläuft eine schmale Gasse für die Müllabfuhr. Durch diese Gasse kamen die Mörder um vier Uhr morgens und warfen einen Brandsatz durch das Fenster im ersten Stock. Richard Rogers, ein Nachbar, der dem politischen Flügel einer protestantischen Miliz angehört, vernahm ein lautes Krachen. Innerhalb von Minuten hatte das Feuer das ganze Haus erfaßt.
Eine Polizeistreife war zufällig in der Nähe, kurz darauf kam auch die Feuerwehr, doch niemand konnte bis zu den Kinderzimmern im ersten Stock vordringen. Christine Quinn, ihr Partner und ein Bekannter, der im Haus übernachtet hatte, mußten mit schweren Rauchvergiftungen, die sie bei den Rettungsversuchen erlitten hatten, ins Krankenhaus von Coleraine eingeliefert werden.
„Die Jungs waren stets sehr lebhaft“, sagte ihr Onkel George Patton, ein Gemeindearbeiter, „es war nicht immer leicht, auf sie aufzupassen. Aber sie haben nie Ärger gemacht. Ich glaube nicht, daß ich darüber jemals hinwegkommen werde.“ Die ganze Siedlung sei im Schock und in tiefer Depression, sagte seine Tochter Shirley. Der Polizeiinspektor Terry Shevlin, der als einer der ersten am Tatort eintraf, sagte: „Das ist das schier unglaubliche Resultat blanken Hasses.“
Ballymoney im Norden der britischen Krisenprovinz, eine Kleinstadt mit 8.000 Einwohnern, war bisher vom Konflikt mehr oder weniger verschont geblieben. James Leslie, der als Kandidat der Ulster Unionist Party vor drei Wochen in Ballymoney ins nordirische Regionalparlament gewählt worden ist, sagte: „Es ist normalerweise eine friedliche Stadt, es gab während des Konflikts nur wenige Zwischenfälle hier.“
Ganz so friedlich war es seit der Drumcree-Krise aber nicht, der Brandanschlag auf das Quinn- Haus war nicht der erste. Zwei Tage zuvor hatten Unbekannte einen Brandsatz gegen das Haus der Großmutter von Richard, Mark und Jason Quinn geschleudert. Ein vierter Bruder übernachtete vorgestern bei der Großmutter. Das hat ihm das Leben gerettet.
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