: „Größte Luftbrücke aller Zeiten“ für den Sudan
■ Die Rebellen im Südsudan verkünden einen Waffenstillstand. Nun will die UNO die schwer erreichbare Bevölkerung versorgen. Die Hälfte der Einwohner des Südsudan leidet an Hunger
Berlin (taz) – Für Millionen hungernde Menschen im Bürgerkriegsgebiet des Südsudan kann jetzt eine großangelegte Hilfsaktion beginnen. Die Guerillabewegung „Sudanesische Volksbefreiungsfront“ (SPLA), die gegen das islamistische Militärregime des Sudan kämpft und große Teile des Südens beherrscht, hat einen einseitigen Waffenstillstand in bestimmten Gebieten des Südsudan ausgerufen. Damit kann das UN- Welternährungsprogramm WFP die nach eigenen Angaben „größte Luftbrücke aller Zeiten“ in der Region beginnen. Es sollen 1,2 Millionen Menschen versorgt werden, die in den SPLA-kontrollierten Zonen nach UN-Angaben akut vom Hunger bedroht sind.
Zu Beginn des Bürgerkrieges 1983 lebten im Südsudan noch etwa acht Millionen Menschen. Etwa 1,5 Millionen sind gestorben, ebenso viele sind geflohen. Von den verbleibenden fünf Millionen sind nach UN-Schätzungen wegen Dürre und dem kriegsbedingten Zusammenbruch der Landwirtschaft 2,4 Millionen vom Hungertod bedroht. Sie verteilen sich jeweils zur Hälfte auf Rebellen- und Regierungsgebiete. Dazu kommen 200.000 Bedürftige im Norden des Sudan. Um die insgesamt 2,6 Millionen Sudanesen bis zum Frühjahr 1999 zu ernähren, benötigt das WFP nach eigenen Angaben 100.000 Tonnen Lebensmittel, was 137,6 Millionen Dollar kostet. Bis jetzt sind nur 37.500 Tonnen verfügbar. Mit einer Tonne Lebensmitteln können 2.500 Menschen einen Tag lang ernährt werden.
Die Lieferung aus der Luft ist im Südsudan nötig, weil es keine passierbaren Straßen gibt. Sie ist aber zugleich riskant, weil Sudans Regierung immer wieder Hilfszentren bombardiert. Hilfsaktionen per Flugzeug verlaufen daher im Rahmen eines Abkommens zwischen Regierung und Hilfsorganisationen namens „Operation Lifeline Sudan“ (OLS). Zugleich schafft dies Ungleichheiten vor Ort. „Der Hunger trifft besonders Kinder, Alte, Behinderte und Leprakranke – also genau diejenigen, für die es am schwierigsten ist, die Verteilungszentren zu erreichen“, warnte kürzlich der Bischof von Rumbek im Südsudan.
Die Antwort der Hilfsorganisationen darauf ist, zu versuchen, die Menge der gelieferten Lebensmittel zu erhöhen. Ende Juni gab die Regierung die Erlaubnis, für die OLS täglich zwölf Flugzeuge einzusetzen statt bisher fünf.
Der einseitige SPLA-Waffenstillstand ist wichtig für den Erfolg der Hilfsaktion, weil er der Regierung einen Grund für neue Luftangriffe nimmt. Er soll zunächst für drei Monate gelten. Ausgehandelt wurde dies vom britischen Diplomaten Derek Fatchett, der am Freitag in die sudanesische Hauptstadt Khartoum reisen soll, um auch die Regierung zu einem Waffenstillstand zu überreden. Dominic Johnson
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