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Entwurf staubt im Museum ein

■ Eberhard Diepgen, Berlins Regierender Bürgermeister, vermeidet Besichtigung des Entwurfs zum Holocaust-Mahnmal. SPD macht Druck

Berlin (taz) – Unbeachtet schmort der Entwurf im Deutschen Historischen Museum zu Berlin. Bereits im Juni war der überarbeitete Entwurf zum geplanten Holocaust-Mahnmal des US-Architekten Peter Eisenman in Berlin eingetroffen. Die Berliner Landesregierung, neben der Bundesregierung und einem Förderkreis um die Journalistin Lea Rosh Ausloberin des Wettbewerbs für dieses Mahnmal, sollte es begutachten. Und damit den Weg frei machen für eine schnelle Entscheidung über die Realisierung des von Bundeskanzler Helmut Kohl (CDU) stets favorisierten Entwurfs für ein Mahnmal.

„Demnächst“, so teilte ein Bonner Regierungssprecher im Juni mit, werde der Ausloberkreis zu einer Prüfung der Entwürfe kommen. Seitdem ist nichts passiert. Der Regierende Bürgermeister von Berlin, Eberhard Diepgen (CDU), ließ mitteilen, daß sich das Land Berlin nicht unter Zeitdruck setzen lassen wolle. Die vorliegenden Entwürfe beurteile er, der sich seit Monaten gegen die Realisierung des Mahnmals sträubt, nach wie vor skeptisch. Und er – dessen Parteifreund und Berliner Kultursenator Peter Radunski eine zügige Entscheidung stets verlangt hat – wußte sich in guter Gesellschaft: Neben dem Vorsitzenden der Berliner Jüdischen Gemeinde, Andreas Nachama, und namhaften Intellektuellen, die für ein Moratorium plädierten, ließ auch die mitregierende Berliner SPD verlauten, sie hielte keinen der vorliegenden Entwürfe für realisierbar.

Das ist jetzt anders. „Dem Ansehen Berlins würde erheblicher Schaden zugefügt, wenn der Eindruck entstände, man wolle die Entscheidung auf den St. Nimmerleinstag verschieben“, sagte der Berliner SPD-Fraktionsvorsitzende Klaus Böger der taz. Deshalb wolle man nun so schnell wie möglich einen Besichtigungstermin und eine Entscheidung. Es gebe die Tendenz, sich für Eisenman zu entscheiden. „Klaus Böger hatte“, so sagte sein Sprecher Peter Stadtmüller, „nur Skepsis bei dem ersten Entwurf von Eisenmann, aber der ist jetzt ja überarbeitet.“

Die Berliner SPD übt deshalb nun Druck auf den Regiernden Bürgermeister aus, einen Besichtigungstermin zu vereinbaren. „Manchmal“, so Stadtmüller, „gibt es Situationen, in denen man nicht mehr diskutieren kann.“ Offenbar reagieren die Berliner GenossInnen auch auf sanften Druck aus der Baracke in Bonn. Dort in der Bundespartei, so heißt es in der SPD, habe man sich darauf verständigt: Alles, was Bundeskanzler Kohl entscheidet, wird die SPD auch mittragen. Und Kohl, der den Eisenman-Entwurf längst begutachtet hat, hatte seine Präferenzen dafür stets deutlich gemacht. Barbara Junge

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