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Drache geht baden

Einen Funken Realismus sollten sich sogar die Veranstalter des Märchen-Theaters bewahren. Michael Batz, verantwortlich für die Hafen-Kultur-Tage, und Regisseur Holger Mahlich wollten den Drachen als multimediales Spektakel auf eine Open-Air-Bühne der Speicherstadt hieven. Mit diesem Unterfangen sind sie an den ersten beiden Spieltagen baden gegangen. Die Premiere am Freitag spaltete das Publikum in eine Pro- und eine Contra-Regenschirm-Fraktion, die Vorstellung am Sonnabend mußte abgebrochen werden. Ob das Stück bei besserer Witterung die Erwartungen erfüllt, bleibt fraglich.

Dagegen spricht, daß die angekündigte Laseranimation wegen bürokratischer Hürden und technischer Schwierigkeiten überhaupt nicht realisiert werden konnte. Die übrigen Effekte waren in der Tat beeindruckend: Vor der Kulisse der alten Kontorhäuser schossen Feuerbälle in den Nachthimmel (Pyrotechnik: Flash Art), der Sound erreichte Kino-Standard und ließ das Monster wenigstens geräuschweise zwischen Elbfluten und Regenwolken wüten (Soundeffekte: Maik Weppner). Wer aber, wie die meisten Zuschauer, zwischen 25 und 75 Mark Eintritt bezahlt hatte, dürfte sich über Mahlichs Empfehlung, sich das Untier einfach vorzustellen, dennoch geärgert haben.

Denn was blieb, war ein kostümiertes Kindermärchen. Eine Stadt hat sich während einer 400jährigen Gewaltherrschaft mit „ihrem“ Tyrannen (Thomas Bammer) arrangiert und schickt sich bereitwillig an, ihm eine Jungfrau zu opfern (Dorothea A. Hagena). Retter Lancelot (Michael Lott) wird nach getanem Job vom Bürgermeister (Ben Hecker) ausgebootet, und zum Schluß erfährt man, daß es halt schwierig ist, den Drachen in sich selbst zu besiegen.

Die Besetzung war tapfer, wie es sich für Protagonisten in Märchen gehört, doch man kann kaum ein gerechtes Urteil über feuchte Schauspieler auf einer nassen Bühne abgeben. Man kann sich aber sehr wohl die Frage stellen, was bei dieser Inszenierung mit dem Drachen eigentlich geschehen ist. Jewgeni Schwarz schrieb das Lehrstück über Feigheit und Opportunismus in der Sowjetunion des Jahres 1943, als selbst die verstecktesten Anspielungen auf den stalinistischen Terror lebensgefährlich waren. Nun soll es helfen, als Spektakel die Gegend zwischen dem Alten Wandrahm und dem Brooktorkai zum Touristenmagneten aufzupäppeln. Ob das gelingt, hängt aber nicht nur vom Wetter ab.

Barbora Paluskova

noch bis zum 23. August. Fr, Sa und So, Dienerreihe, 20.30 Uhr

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